Enteignung von Wohnungskonzernen in Berlin auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben

Ein Trauerspiel, was wir nach dem erfolgreichen Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co enteignen" (56,4% dafür, mehr als einer Million Menschen) erleben. Hatte in Berlin die Linkspartei mit diesem Thema eine größere Wahlschlappe gerade noch verhindern können, ist sie nun in den Koalitionsverhandlungen flugs dabei, das Projekt zu verraten, um der Pöstchen in der Berliner Landesregierung willen.

In die Politsprache übersetzt hört sich das dann so an: Das Vorhaben soll verwiesen werden an ein Gremium, in dem "Möglichkeiten, Wege und Voraussetzungen der Umsetzung des Volksbegehrens" zu prüfen seien. In einem Jahr soll dort eine Empfehlung für das weitere Vorgehen an den Senat zustande kommen. Das kennen wir doch: Willst du dich um eine Entscheidung herumdrücken, gründe ein "Gremium", von "Experten" natürlich, das Volk ist ja zu dumm für so etwas.

 

Die SPD mit der copy & paste Spitzenkandidatin Franziska Giffey hatte ja schon vor der Wahl erklärt, dass sie sich nicht an das Votum der Wähler halten würde. Wo kämen wir denn da hin, wenn Demokratie Einzug halten würde in diesem Land. Tucholsky hat dazu ja ganz richtig gesagt: "Wenn Wahlen etwas ändern würden , wären sie verboten."

 

Klaus Lederer (Spitzenkanditat der Linkspartei) formulierte im Rundfunk Berlin-Brandenburg seinen Koalitions-Kniefall dann so: "Es ist ja juristisches Neuland, was da betreten wird". Der Artikel 15 aus dem Grundgesetz sei ja Neuland. Das falle nicht vom Himmel, sondern das müsse erst erarbeitet werden. Die tausenden Wohnungsaktivisten in Berlin mit ihrer Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" beurteilen dies als Verzögerungstaktik. Die juristische Machbarkeit der Vergesellschaftung sei vom Berliner Abgeordnetenhaus und vom Bundestag mehrmals bestätigt worden.

 

Peinlich nur, dass Lederers "Ratschlag" noch in Erinnerung ist: Statt den fertig erarbeiteten Gesetzentwurf zur Abstimmung zu stellen (so der ursprüngliche Plan), der dann bindend gewesen wäre, hat die Linkspartei höchstselbst der Bewegung "geraten", es nicht zu tun. Angeblich hätte der Volksentscheid sonst juristisch gekippt werden werden können. Das "Kippen" besorgt die RGR Koalition nun aber selbst. Klaus Lederer betont jetzt, dass am Wahltag ja kein Gesetz beschlossen worden wäre. Dreister geht es nicht. Eine Verhöhnung der Bewegung. Getoppt wurde das Ganze dann noch durch die kampflose Aufgabe des Stadtentwicklungsressorts in den Koalitionsverhandlungen mit Frau Giffey SPD ("Mit mir wird es keine Enteignung geben ...").

 

Erlebten wir nicht Ähnliches in Bremen 2019 mit der Linkspartei? Im Wahlkampf (siehe Wahlprogramm) wurden Stimmen eingeworben mit Forderungen nach einer radikalen Änderung in der Bremischen Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik. Nach der Wahl, als die Pöstchen winkten, hörte man kaum noch was davon. Die wohnungspolitische Sprecherin der Linkspartei Claudia Bernhard mutierte über Koalitions-Nacht zur Gesundheitssenatorin und ein paar Monate später verkündete sich als Aufsichtsratsvorsitzende der GENO, dass 440 Vollzeitstellen in den nächsten drei Jahren abgebaut werden sollen, davon unmittelbar 90 Vollzeitzeitstellen vor allem im ärztlichen Bereich. Siehe diese Petition "Krankenhauspersonal entlasten – nicht entlassen!", die im Febr. 2021 von über 1.000 Bremern unterstützt wurde. BRAVO - diese systemkonforme Politik zur Sicherung von Regierungspöstchen ist doch eine gute Empfehlung, die "Links"partei 2023 wieder zu wählen. Die Linkspartei in Bremen erklärte nun nach der Bundestagswahl (die 5,7% Zweitstimmenverluste in Bremen gingen überwiegend an das grüne Original), sie würde sich für eine 100% Verstaatlichung der GEWOBA einsetzen. Wer sich erinnert: das ist nicht so neu, sondern ein Griff in das Archiv aus 2017. Zudem: verstaatlicht heißt nicht demokratisiert und das würde sich die Sparkasse Bremen als Aktienpaketinhaberin sehr teuer bezahlen lassen.

 

 

Lesempfehlung: Deutsche Wohnen&Co enteignen: Wie die linke Inquisition eine Bewegung zerstört. Rainer Balcerowiak aus Berlin setzt sich in diesem Nachdenksetien-Beitrag mit dem - seiner Erfahrung nach - zerstörerischen Wirken der Interventionistischen Linken (IL) und dem zum IL-Umfeld gehörenden „radikalfeministischen Flügel“ der von beiden unter Kontrolle gebrachten Kampagne auseinander.


Berliner wählten im Volksentscheid die Vergesellschaftung der großen Immobilienkonzerne

56,4% der Berliner hat sich für die Vergesellschaftung der großen Immobilienkonzerne und damit gegen die Spekulation mit Wohnraum entschieden.


Noch nie wurden so viele Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt. Die Immobilienlobby versucht nun über die parlamentarischen Mühlen und intensive Lobbyarbeit innerhalb der nun ein Jahr (!?) lang tagenden Kommission, einen faulen Kompromiss zu erreichen. Die Berliner müssen nun Druck auf die Politik machen.

 

Mit 340.00 gesammelten Unterschriften haben die Berliner nun zeitgleich mit der Bundestagswahl den Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co enteignen" ermöglicht. Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes lässt solche Vergesellschaftungen (allerdings mit Entschädigung) zu.  Nachahmenswert auch in anderen Bundesländern! Etwa 240.000 Wohnungen von Immobilienkonzernen müssten danach in Berlin vergesellschaftet werden, überwiegend solche, die eigentlich schon in Kommunalbesitz waren, aber von Finanzsenator Sarrazin in Berlin unter einer SPD/PDS (Vorläuferin von DieLINKE) Landesregierung privatisiert wurden.

Als neue Trägerin des Gemeineigentums soll eine Anstalt des öffentlichen Rechts unter dem Namen "Gemeingut Wohnen" entstehen. Erträge aus der Bewirtschaftung des Gemeineigentums dürfen dann nicht ausgeschüttet werden, Spekulanten gehen leer aus, und die gebündelten Wohnimmobilien dürfen anschließend nicht auf eine andere natürliche oder juristische Person übertragen werden.

Öffentlich kaum sichtbar steuern in den großen Wohnungskonzernen Rendite heischende US-Großinvestoren wie Black Rock (Ex Deutschland Chef: Friedrich Merz), Vanguard, State Street, Fidelity u.v.a.. BlackRock, mit weltweit 9 Billionen Anlage suchendem Kapital, ist z.B. maßgeblich investiert in Deutsche Wohnen, Vonovia usw..


Fachtag zum MIETENDECKEL mit dem Juristen Sebastian Bartels aus Berlin

Am Samstag, den 14. März von 14-19h organisierte das Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen einen Fachtag im Forum Kirche, Holler Allee 75: "Mietendeckel in Berlin - Möglichkeit für Bremen! Schutz vor dem Abrutschen in die Wohnungslosigkeit". Als fachkundiger Referent aus Berlin kam der Jurist Sebastian Bartels vom Berliner Mieterverein. Buten un Binnen berichtet dazu in einem Filmbeitrag.

Die Berliner Untergliederung des Deutschen Mieterbundes (DMB) hat in Berlin 168.000 Mitglieder. Auf der WEB-Seite des Berliner Mieterbundes finden sich viele Informationen zum Berliner Mietendeckel. Bremen wird viel daraus lernen können, wenn der Mietendeckel auch hier eingeführt wird, wofür übrigens kein Mietenspiegel benötigt wird, wie fälschlicherweise behauptet wird; so die Auskunft des Juristen Sebastian Bartels.  Diskutiert wurde über die Berliner Erfahrungen,  zur Übertragbarkeit auf Bremen, Nr. 1 im laufenden Bürgerantrag. Im Koalitionsvertrag der derzeitigen Bremer Landesregierung heißt es nämlich, dass "ein zeitlich begrenzter Mietendeckel für den Bestand, wie er in Berlin angestrebt wird, auch für Bremen in betracht kommen" könne.


Veranstaltung in Berlin: Nach dem Deckel ist vor der Enteignung – Wie stellen wir uns die Gemeinwirtschaft vor?

Mit der Forderung einer Vergesellschaftung der großen Immobilienkonzerne hat die erfolgreiche Berliner Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" eine Debatte losgetreten, die weit über die Grenzen Berlins hinaus ihren Widerhall findet. Lange standen jedoch allein die juristische Machbarkeit und die Kostenfrage im Mittelpunkt der Diskussion. Mehr und mehr zeigt sich nun: Vergesellschaftung ist erlaubt, Vergesellschaftung ist bezahlbar.

 

Doch was bedeutet diese Vergesellschaftung eigentlich? Wie überführen wir denn nun Wohnungen in Gemeinwirtschaft – und wer bestimmt dann darüber? Wie verändert sich unsere Stadt, wenn über zweihunderttausend Wohnungen nicht mehr nach Maximalrendite bewirtschaftet werden?

 

Um die Diskussion über diese Fragen zu eröffnen, haben wir als Initiative unter dem Titel „Vergesellschaftung und Gemeinwirtschaft“ in den letzten Monaten gemeinsam mit anderen Aktiven und Initiativen einen programmatischen Text erarbeitet, der unsere Ideen konkretisiert. Er soll nicht das Ende, sondern der Auftakt einer Debatte sein – denn was Vergesellschaftung bedeutet, kann nur die Stadtgesellschaft selbst entscheiden. Am 31.1.2020 um 19 Uhr wurde zur Diskussion eingeladen und die Strategiedebatte öffentlich gemacht.

Hier nun das dort diskutierte Positionspapier "Vergesellschaftung und Gemeinwirtschaft - Lösungen für die Berliner Wohnungskrise", in dem wir auch für Bremen viele gute Anregungen finden können:

Download
Vergesellschaftung und Gemeinwirtschaft - Lösungen für die Berliner Wohnungskrise - 01 2020
Vergesellschaftung + Gemeinwirtschaft_DW
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Zu Gast bei jung&naiv: Michael Prütz, Sprecher der Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen".

Leseempfehlung: Deutsche Wohnen&Co enteignen - Wie die linke Inquisition eine Bewegung zerstört. Rainer Balcerowiak aus Berlin setzt sich in diesem Nachdenkseiten-Beitrag mit dem - seiner Erfahrung nach - zerstörerischen Wirken der Interventionistischen Linken (IL) und dem zum IL-Umfeld gehörenden „radikalfeministischen Flügel“ der von beiden unter Kontrolle gebrachten Kampagne auseinander.


Mietendeckel Berlin: Von Basisinitiativen durchgesetzt, von der Landesregierung verstümmelt?

Pressemitteilung von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e. V.

Berlin, den 30.01.2020: Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) kritisiert die Änderungen am Mietendeckel, die am Gesetzentwurf für den Mietendeckel Berlin in letzter Minute vorgenommen wurden. Der Mietendeckel steht heute im Abgeordnetenhaus zur Verabschiedung auf der Tagesordnung. Die Regierungsparteien entwickelten den Mietendeckel auf Druck von Basisinitiativen, die noch wesentlich weitergehende Forderungen erhoben hatten wie die Enteignung großer Wohnungskonzerne. Das Land Berlin erlässt ein Verbot für Wuchermieten, aber die MieterInnen müssen nach der neuen Regel eine Minderung selbst einklagen.

Das kommentiert Dorothea Härlin, Vorstand von GiB, wie folgt:

„MieterInnen in Millionen Berliner Wohnungen haben ihre Hoffnung auf den Mietendeckel gesetzt. Es ist ein Erfolg der MieterInnenbewegung, dass der Mietendeckel nun beschlossen werden soll. Was Rot-Rot-Grün allerdings mit dem Entwurf noch in letzter Minute angerichtet hat, ist schlimm. Jede/r soll für sich alleine vor Gericht gehen müssen! Die meisten Menschen werden sich so eine Klage nicht leisten können. Das ist ein Skandal, für den sich die Parteispitzen noch verantworten müssen, an vorderster Stelle die SPD.“

GiB kritisiert weiterhin, dass der Neubau ausgenommen wurde. Neubau ist einer der wichtigsten Mietpreistreiber. Auch die Ausnahmen für Zuschläge von einem Euro pro Quadratmeter für moderne Ausstattung wie eine Einbauküche oder hochwertigen Bodenbelag oder für die Lage schwächen den Gesetzentwurf und sind unsozial.

Dazu Clara Stattegger-Sievers, mietenpolitische Sprecherin bei GiB:

„Das ganze Gerangel zeigt: Die Parteispitzen von SPD, Linken und Grünen in Berlin lieben den Mietendeckel nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die erheblichen Schwächen des Berliner Mietendeckels zeitnah abgestellt werden. Andere Bundesländer sollten ihre Mietendeckel von vornherein ehrlich ausgestalten.“

Unbesehen der Mängel am Mietendeckel möchte GiB MieterInnen ermutigen, amtliche Bescheide zu beantragen. Eine kurze Einschätzung von GiB zur Frage ist unten angefügt. Mit einem behördlichen Bescheid entfällt das Prozesskostenrisiko für die MieterInnen. Wenn sich herausstellt, dass die Behörden Bescheide verweigern, wäre das politisch ein so großer Skandal, dass Änderungen am Gesetz bewirkt werden könnten.


Traumrendite für Investor - Der Berliner Senat kauft Wohnungen des spekulativen Investors ADO teuer zurück - Traumrendite für den Investor?!

Unter der Überschrift "Goldener Handschlag" kritisiert in diesem Beitrag vom Febr. 2020 Carl Waßmuth von Gemeingut in Bürgerhand diese extrem teure "Rekommunalisierung", sie diene eher der politischen Reinwaschung der Regierenden, als dass damit maßgeblich für alle Berliner ein Weg in Richtung bezahlbarer Mieten erkennbar wäre:

"2018 erwarben Berliner Wohnungsbaugesellschaften 3.746 Wohnungen. 2019 waren es bisher in den drei größeren Transaktionen 8.477 Wohnungen – für einen Preis von 1,37 Milliarden Euro. Bezogen auf den Gesamtbestand der Wohnungen in Berlin ist das weniger als ein halbes Prozent – Tropfen auf heiße Steine. Die Rückkäufe erfolgen zu einem Zeitpunkt, an dem der Kaufpreis denkbar hoch ist – obwohl durch den Mietendeckel ein Rückgang der Immobilienpreise absehbar ist."

Weiter schreibt Waßmuth:

"Privatisierungen und Rückkäufe müssen zusammen bewertet werden. Es sind zwei Schritte eines Entstaatlichungsprozesses. Die öffentliche Wahrnehmung bewirkt zumeist, dass Privatisierer und Privatisiererinnen, so Thilo Sarrazin und Annette Fugmann-Heesing, geschasst wurden. Wer Rückkäufe bewirkt, den erwartet ein freundlicher Empfang."

Aufschlussreich ebenfalls, wer an den Schaltstellen der Politik in Berlin sitzt:

"Finanzsenator Matthias Kollatz wechselte in sein derzeitiges Amt direkt von einem der weltgrößten Konzernberater: von Pricewaterhouse Coopers. In den Vorständen der Berliner Wohnungsbaugesellschaften findet man vormalige Top-Leute von Ernst & Young oder vom größten deutschen Immobilienkonzern, der Vonovia."

 Der Bürgermeister von Berlin will, statt die Enteignungskampagne zu unterstützen, lieber noch mehr solche "goldenen Handschläge" für Großinvestoren vorantreiben ?

"Zuletzt hatte der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, den Rückkauf der 65.000 GSW-Wohnungen vorgeschlagen. Dazu errechnete der Tagesspiegel: „Unter Zugrundelegung der Werte aus der Karl-Marx-Allee, bei der die Gewobag laut Deutsche Wohnen 3850 Euro pro Quadratmeter zahlen muss, läge der Kaufpreis für den von Müller vorgeschlagenen Deal bei 13,7 Milliarden Euro.“ Der Rückkaufpreis liegt bei einem Vielfachen der ursprünglich erzielten Einnahmen. Die Immobilien-Aktiengesellschaften erhalten so aus Steuergeldern frisches Kapital für ihre alten, vielfach sehr schlecht instandgehaltenen Bestände und können nun ihre Marktmacht ausbauen – zu Lasten aller Mieterinnen und Mieter in der Stadt."

 Bittere Bilanz auch von Werner Rügemer im Oktober 2019, zum sehr teuren Rückkauf von Wohnungsbeständen der ADO Properties für 920 Millionen Euro Steuergelder in Berlin, in der ver.di Publik 6/2019 unter dem Titel "Traumrendite für Investor".


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