Das Praxissemester ist ein Pflichtpraktikum im 5. Semester, 540 Stunden Arbeit verpflichtend - in der Regel in Vollzeit und bislang ohne Anspruch auf Vergütung. Für viele von uns ist das ein Problem: Bisherige Nebenjobs zur Finanzierung des Studiums können wegen den Arbeitszeiten im Praxissemester nicht weitergeführt werden. Wer Kinder hat und diese betreuen muss, kann sich entweder etwas für die Vollzeitbetreuung einfallen lassen und die Kosten dafür selbst finanzieren oder das Praxissemester in Teilzeit in doppelter Länge als andere absolvieren.
Wir wollen diese Bedingungen ändern! Wir empfinden das Praxissemester als wertvoll: für uns selbst, um praktische tiefergehende Einblicke in Tätigkeitsfelder der Sozialen Arbeit zu bekommen, aber auch wertvoll für die Träger. Sowohl freie Träger als auch das AfSD haben eher Personalmangel als Überhang und sind daher teilweise sogar auf Praktikantinnen angewiesen. Das wollen wir vergütet bekommen!
Wir richten unsere Forderung nach einem bezahlten Praxissemester an die Senatorin für für Arbeit, Frauen Gesundheit, Jugend und Soziales und die Praxisstelle AfSD.
Workshop eines Bremer zusammen mit zwei Münchner AKSler´s (Präsentation, AG´s und Diskussion):
"Kritik der profitorientierten, bzw. Drittmittel abhängigen dualen Studiengänge Soziale Arbeit"
Samstag den 17. Nov. von 14 - 17 Uhr beim AKS Regionalgruppen-Bundestreffen in Leipzig an der HTWK.
Grassierender Wildwuchs an öffentlichen und profitorientierten dualen ("dienstherreneigenen") Studiengängen Soziale Arbeit angesichts von eklatantem Arbeitskräftemangel - Was ist davon zu
halten ? Zunehmende Dominanz unternehmerischer Hochschulstrukturen - Wo bleibt die Freiheit der Lehre ? Zur Kritik an der zunehmenden Privatisierung von Hochschul-Ausbildung am Beispiel
Soziale Arbeit. Mit Rodolfo Bohnenberger (Bremen) und Nicolas Grießmeier (München)
Mehr Informationen zum Studiengang Soziale Arbeit in Bremen und dem dort WS 2016 gestarteten "Dualen Studiengang" unter diesem internen LINK.
"Zentraler Antrieb [der neoliberalen Hochschul] Entwicklung ist das 1994 gegründete Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Das CHE ist eine gemeinsame Institution der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Bertelsmannstiftung, wobei die HRK vor allem die Legitimität und die Bertelsmannstiftung das Geld zusteuert. Das CHE entwickelt aus dem Bewusstsein heraus, (angeblich) zu wissen woran das deutsche Hochschulwesen kranke und wie es zu kurieren sei, Konzepte, Strategien und Gutachten zu allen möglichen Fragen, die Uni und Hochschule betreffen und treibt damit Ministerien, Unileitungen und andere Entscheidungsträger vor sich her.
Die Strategie des CHE ist dabei, durch eine ungeheuer große Anzahl an Publikationen und durch die Beteiligung an etlichen hochschulpolitischen Versuchen und Projekten, die Rolle desjenigen zu übernehmen, der die uneingeschränkte Meinungsführerschaft in Sachen Hochschule innehat. Diese Strategie hat dem CHE den Ruf eingebracht, das heimliche (oder vielmehr das tatsächliche) Bildungsministerium zu sein. Inhaltlich vertritt es dabei einen kompromisslosen Neoliberalismus, der in harmlose Worthülsen verpackt wird." -
"Die Uni soll weg von ihrer verstaubten Behördenstruktur hin zu einem effizienten und schlanken wirtschaftlichen Betrieb. Im Zuge dessen werden die Unis in ihrer inneren Struktur nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten neu gestaltet. Gleichzeitig verändert sich der Auftrag der Universitäten. Sie sollen als Dienstleister am Markt auftreten. Einerseits gegenüber den Studierenden, denen sie eine universitäre Ausbildung zur Wertsteigerung der Ware Arbeitskraft verkaufen, andererseits gegenüber der Wirtschaft, der verwertbares Wissen geliefert werden soll. Studieneffizienz wird eingefordert. Wenn von Bildung die Rede ist, ist meist fachliche Qualifikation gemeint." Auszüge aus: www.bertelsmannkritik.de
Emer. Prof. Timm Kunstreich, ein wesentlicher Mitgründer der Arbeitskreise Kritische Soziale Arbeit AKS (schon 1969 und nun wieder seit ca. 2006) kämpft seit fast 50 Jahren für die Abschaffung der repressiven Heimerziehung. Im Heft 146 der Widersprüche (Dez. 2017) resümiert er über die "offene Rechnung aus der Heimrevolte 1969/1970". - Nach der fast Abschaffung der geschlossenen Unterbringung und nach einigen Jahren Aufarbeitung der Folgen für die hunderttausenden Opfer der brutalen (meist kirchlichen) Heime 1945-1985 in den "Runden Tischen zur Heimerziehung" der beiden Nachkriegsdeutschlands keimte die trügerische Hoffnung, es wäre vorbei mit der Repressivität in der Jugendhilfe. Doch diese feierte fröhliche Urständ "quasi unter dem Radar selbst der kritischen Fachwissenschaften - Disziplinierungs- und Degradierungstechniken" [werden neuerdings] "nur verfeinert und modernisiert.", teilweise aus den amerikanischen "Boot-Camps" importiert. Deshalb stelle sich die gleiche Forderung erneut: ABSCHAFFUNG DER HEIMERZIEHUNG.
Timm Kunstreichs Plädoyer zu lesen empfiehlt sich vor dem Hintergrund von modernen Formen der "Dressur zur Mündigkeit" und erst recht der Heimskandale "Haasenburg" in Brandenburg und "Friesenhof" in Schleswig Holstein. Die ehemalige Friesenhof-Inhaberin Janssen nahm schon 2005 Kontakt mit dem Ex-Boxer Lothar Kannenberg auf, und holte ihn 2013 vorübergehend als Berater in ihr Haus. - Die Bremer erinnern sich wohl an die bis zu 1000 jungen Geflüchteten, die ab 2015 bis zur Insolvenz im Okt. 2017 im Auftrag des Bremer Jugendamtes von der "Kannenberg-Akademie" in Bremen in deren Häusern in Bremen betreut wurden. Bis heute erfährt die Öffentlichkeit nur bruchstückhaft, mit welchem pädagogischen Konzept dort eigentlich gearbeitet wurde.
Der AKS Hamburg hat eine Kampagne gestartet mit dem Titel: Für die Verwirklichung der UN Kinderrechts-Konvention statt Überwachen und Erniedrigen in den Grauzonen der Hilfen zur Erziehung!
"In der Praxis [sei] aber mittlerweile [die] vorherrschende Technologie: die des „Stufen-Vollzuges“ oder „Phasen-Modells“. Dieses Konzept – inspiriert von den Bootcamps in den USA und behavioristischen Dressurexperimenten – fußt auf entwürdigenden und stigmatisierenden Degradierungs-Zeremonien, für die findige Professionelle ständig neue Bezeichnungen und Vokabeln erfinden. Die Grundform dieser Praxis ist dabei jedoch immer die gleiche:
In der Eingangsstufe oder Eingewöhnungsphase werden den Eintretenden die Verhaltensvorschriften für diese neue Situation bekannt gemacht, einschließlich der dazugehörigen Sanktionen, wenn sie nicht eingehalten werden, bzw. der Belohnungen, wenn man sich den vorgeschriebenen Regularien unterwirft. Diese Vorschriften sind immer belastend und entwürdigend, da sie die Bewegungsfreiheit, die Kommunikation und soziale Kontakte einschränken, Genussmittel verbieten, die Wahl der Kleidung reglementieren oder andere Schikanen erfinden, die als pädagogisch notwendige Strukturierung getarnt werden.
Nach „erfolgreicher“ Anpassung wird in der zweiten Stufe oder Orientierungsphase der Regelkatalog gelockert, so dass die „ProbandInnen“ in ihrem Interesse an Erleichterungen angesprochen werden. Bei Regelverstößen ist eine Rückkehr auf die vorherige Stufe oder Phase verbindlich vorgeschrieben.
Die letzte Stufe oder eine entsprechend charakterisierte „Normalphase“ enthält weitere Vergünstigungen, sofern man sich an die jetzt zwar noch weiter gelockerten, aber noch immer eingrenzenden Bestimmungen des Settings hält. Auch hier ist bei Verstößen eine Rückstufung möglich und üblich.
Das gesamte Setting verlangt von allen beteiligten Akteuren die strikte Befolgung aller Regeln. Erleben die Kinder und Jugendlichen die gewaltsame Struktur als Entwertung ihrer gesamten personalen und sozialen Identität, sind auch die Fachkräfte in einen schematischen Ablauf gepresst, der ihnen keine Freiräume der Entscheidung lässt und so vielfach ihrem professionellen Selbstbild widerspricht.
Derartige Stufenprogramme widersprechen grundlegenden Menschenrechten und sind nicht mit der Kinderrechtskonvention der Vereinigten Nationen zu vereinbaren (BMFSJ 2007). Sie verstoßen gegen den gesamten Tenor der Konvention, vor allem aber gegen Art. 12, in dem ausdrücklich festgehalten wird, dass die Willensäußerungen des Kindes „angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife“ zu berücksichtigen sind (grundlegend und ausführlich dazu: Waltraud Kerber-Ganse 2009). Da dieses Konvention in Deutschland unmittelbare Gültigkeit hat, müssen Einrichtungen, die mit derartigen Degradierungszeremonien arbeiten, abgeschafft oder zumindest gezwungen werden, ihre Arbeitsweisen fundamental zu verändern." (Quelle)
Zu dem theoretischen Hintergründen schreibt Timm Kunstreich im Heft 146 der Widersprüche S. 106 :
"Bis in die Begrifflichkeit hinein gibt es in der Menschenökonomie die deutlichste Kontinuität zwischen alter und neuer Sozialhygiene: Menschen werden auf betrieblicher und volkswirtschaftlicher Ebene unter Kosten-Nutzen-Relationen bewertet.
Dass klassifizierendes Denken geradezu das „Markenzeichen" der „jungen" Profession der Sozialen Arbeit war und ist, wird nicht zuletzt in der Diskussion um Diagnostik offensichtlich
(Widersprüche Heft 88, 2003). Herausragende Beispiele aus den 1920er Jahren sind die beiden berühmten Arbeiten von Alice Salomon: „Soziale Diagnose" und „Soziale Therapie".
Die Volksgemeinschaftsideologie setzt sich in institutionellen Handlungsmustern als „Ausdifferenzierung sozialer Zensuren" durch (Kunstreich 2014a: 59f.). Diese Zensuren haben bei aller
Unterschiedlichkeit einen gemeinsamen Bezugspunkt; die hegemoniale Lebensweise (vgl. Sumner 1991). Zwar nicht mehr der Begriff, aber die Funktion von Volksgemeinschaft spielt heute eine
wesentliche Rolle:
Wen und was kann die „Gemeinschaft der Steuerzahler" noch finanzieren? „Keine Leistung ohne Gegenleistung". Diese Frage und diese Forderung sind inzwischen Gemeingut und haben die Vorstellung eines Rechtes auf Leistungen „ohne Vorbedingungen" verdrängt.
In jedem Fall geht es darum, Verhalten zu verändern, nicht die Verhältnisse. Das manifestiert sich in einem entsprechenden Gestaltwandel der hegemonialen Vergesellschaftung:
Dominierte im Fordismus die Figur des „Arbeitskraft-beamten", dem ein gesicherter Familienlohn in gesicherten Arbeits Verhältnissen garantiert war, so dominiert heute die Figur des
„Arbeitskraft-unternehmers" und der „Arbeitskraft unternehmerin", der und die für die Risiken und Chancen seiner und ihrer Selbstverwertung verantwortlich sind (Steinen 2005)."
Das Konzept "Die Vier in einem Perspektive" von Frigga haug zum Download: