Der Weserkurier vom 11.08.2021 bringt eine dpa Meldung (ohne jeden Bremen Bezug) zum katastrophalen (weiteren) Absinken der Ausbildungsstellen in Deutschland, mit kleine Unterschieden je nach Branche. "Im vergangenen Jahr wurden 465.700 Verträge für eine Lehre in der dualen Berufsausbildung geschlossen, das waren 47.600 oder 9,3 Prozent weniger als 2019, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Es handle sich um den größten prozentualen Rückgang seit dem Beginn der Zeitreihe 1977."
Laut dem Bremer http://biaj.de/images/svB-HB-012014-122020-Stand-01072021.pdf sanken die Zahlen der Svp-Ausbildungstellen im Lande Bremen (gegenüber 2019) in 2020, im Sept. um -3,3%, im Oktober -2,6%, im Nov. - 2,6%, und im Dez. 2020 um - 2,1%.
Mit Stand: 10. Februar 2021 liegt nun eine Entwurf vor einer "Vereinbarung zur
Durchführung der Initiative "Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss"
zwischen der Bundesrepublik Deutschland (Bund), vertreten durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), der Bundesagentur
für Arbeit (BA), vertreten durch die Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen (RD-NSB), und der Freien Hansestadt Bremen, vertreten durch die Senatorin für Kinder und Bildung (SKB), die Senatorin
für Soziales, Jugend, Integration und Sport (SSJIS), und die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa (SWAE). Darin ist u.a. zu lesen:
"2.2 YouConnect - IT-Verfahren als Unterstützung der rechtskreisübergreifenden Fallarbeit in Jugendberufsagenturen
Um die gemeinsame Fallarbeit der Sozialleistungsträger SGB III, SGB II und SGB VIII technisch zu unterstützen, arbeiten das BMAS und die BA an datenschutzrechtlich abgesicherten
Möglichkeiten. Seitens der BA wird nun ein IT-Verfahren namens „YouConnect“ eingeführt und den Partnerakteuren aus Jobcenter und Jugendhilfe zur Verfügung gestellt. Es wird sich bei dem
IT-Verfahren um einen „digitalen Konferenztisch“ handeln, der es den Trägern einer Jugendberufsagentur ermöglicht, gemeinsame Fallbearbeitungen, Dokumentationen und Absprachen durchführen zu
können. Das datenschutzrechtliche Einverständnis des jeweiligen jungen Menschen wird dabei im System hinterlegt. Ziel ist es, Jugendliche passgenauer unterstützen und Doppelförderungen vermeiden
zu können. Nach Möglichkeit sollen die eigenen IT-Verfahren der jeweiligen JBA-Akteure an das IT-Verfahren YouConnect angeschlossen werden können. Wo dies nicht möglich ist, wird der Zugang über
ein Webportal sichergestellt. Der Betrieb hat noch im Jahr 2020 begonnen."
Antworten auf eine Frage in der Bremer Bürgerschaft durch DIE LINKE im Dezember 2018 „Sanktionen gegen Kinder und junge Menschen im Land Bremen“:
„Im Land Bremen gab es in 2017 / 2018 1.636 Sanktionen, davon entfielen auf das Jobcenter Bremen 1.161 Sanktionen bei der Betreuung von 14.487 Bedarfsgemeinschaften mit minderjährigen Kindern und auf das Jobcenter Bremerhaven 475 Sanktionen bei der Betreuung von 3.672 Bedarfsgemeinschaften mit minderjährigen Kindern.“
Nur 68 junge Bremer gaben ihr Einverständnis von den 2500 in Abgangsklassen verteilten Datenweitergabe-Einverständniserklärungen im Sommer 2015. Darin sollten sie den Schulen (Ressort Bildung)
und dem Jobcenter (Ressort Arbeit) 5 Jahre lang unbeschränkten Datenaustausch über ihren "Verfahrensstand" erlauben, incl. Hausbesuche und Fallkonferenzen zu als sog. „Betreuungskunden“
ausgemachten Problemjugendlichen. Die Bremer Jugend scheint einen feinen Instinkt zu haben, wo hinter gut gemeinten Parolen („Keiner soll verloren gehen“) eher
miserable schwarze Pädagogik oder eben gar keine echten guten Ausbildungsplätze stecken.
Elementarste Prinzipien guter Beratung für Jugendliche
auf Augenhöhe, mit Respekt, freiwillig, mit Datenschutzgarantie, mit gemeinsam erarbeiteten Zielen und Schritten, die gemäß §1 Kinder- und Jugendhilfegesetz die "Förderung der Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit" ins Zentrum stellen – das kann mit der jetzigen JBA-Struktur nicht gewährleistet werden.
Die in den JBAen federführenden Jobcenter (seit elf Jahren Hartz-IV-Regime mitverantwortlich für den Anstieg der Armut), die bei Jugendlichen verhasst sind wegen der erfahrenen Sanktionen, der Disziplinierung und Entwürdigung, sind die letzten, denen man die Federführung hätte übertragen dürfen. Verantwortlich sind nicht die Beschäftigten, sondern die bundesdeutschen (Scholz SPD), hamburgischen (Scholz SPD) und bremischen Initiatoren der ganzen Idee, die die JBA in der GroKo-Koalitionsvereinbarung und im Bremer Bürgerschaftswahlkampf 2015 mit diesem fraglichen Konzept als jugendpolitische Großtat angepriesen haben.
Die Jugendberufsagenturen entwickeln sich in ihrer ordnungspolitischen Ausrichtung nicht zum Besseren, sondern zum Schlechteren:
Die Aufweichung des Datenschutzes über Bundesgesetze wird eingefordert, so auch wieder aktuell die Bremer Landesregierung mit ihrer neuesten Initiative vom Januar 2018, damit die JBA-MitarbeiterInnen besser an die Jugendlichen "rankommen", die aus ‚dem Radar verschwunden‘ sind. In der Bremer Initiative (auch für den Bundesrat) heißt es am Schluss:
"Der Einsatz einer zentralen Datenbank macht die Änderung von § 6g Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung der Partner der Jugendberufsagentur notwendig, in dem geregelt ist, dass die Partner ausschließlich in ihren eigenen Datenverarbeitungssystemen arbeiten. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat zum Modellvorhaben für ein Kerndatensystem der BA Stellung genommen und datenschutzrechtliche Bedenken geäußert. Diese werden im weiteren Verfahren eingeführt."
Ausbildungsgarantie? Verfolgungsbetreuung trifft es eher.
Das wird so niemals „das ehrgeizigste und Erfolg versprechendste Projekt, um für die Jugend etwas zu tun“, wie die Leiterin der Bremer JBA (im Weserkurier 16.02.2016) sich und der/m Leser/in Mut zu machen versucht. In dem WK Artikel wird auch eine angeblich mangelhafte Kooperation zwischen Jugendhilfe und Jobcenter angesprochen. Wir haben es aber eher mit einem Kooperationsdilemma zu tun, bei dem "die Jugendhilfe" sich der Hartz IV-Logik und ihrer schwarzen Pädagogik unterwerfen soll. Das angeführte Beispiel verschweigt geflissentlich, dass die Hartz IV Gesetzgebung die Jugendlichen gegen ihren Willen zwingt, zuhause bei ihren Eltern wohnen zu bleiben, weil es weniger kostet. Das hat mit fehlender Kooperation mit der Jugendhilfe nichts zu tun. Hartz IV-Austeritätspolitik ignoriert hier knallhart die Verselbständigungsbedürfnisse der Jugend.
Jugendhilfe hat den gesetzlichen Auftrag, gerade diese Autonomiebestrebungen der Jugend zu fördern. Welche/r Sozialarbeiter/in kann so guten Gewissens Jugendliche zu dieser "Agentur" schicken ?
Für welche Ziele und Zwecke werden dort die "Agenten" missbraucht ? Nicht einen (z.B. außerbetrieblichen) Ausbildungsplatz mehr hat die JBA zu bieten. Stattdessen aber Erhöhung des Vermittlungsdrucks in miserabel entlohnte Ausbildungsstellen und Berufe, die von der Jugend selbst abgewählt werden. Die sind schlau genug, sich dahin zu orientieren, wo gut bezahlt wird, gut ausgebildet wird, gut studiert wird und zukünftige Perspektiven absehbar sind. Die Bremer Handwerkskammer hat am 27.11.2017 im Weserkurier ("Kontroverse um Ausbildungspakt") ihre Sichtweise auf die Funktion der Jugendberufsagentur erläutert: "Die [JBA] wurde seitens der Politik gegründet, um die Jugendlichen besser in die Betriebe [die Handwerksbetriebe?!] zu bekommen, aus Sicht des Handwerks hat das bisher nicht geklappt."
Junge Menschen sind laut Grundgesetz und UN-Kinderrechtskonvention vollwertige, würdevolle Menschen, sie haben ein Recht darauf, mit ihren individuellen Bedürfnissen ernst genommen, beteiligt und gefördert werden.
Sie entscheiden, wo die (berufliche) Reise hingeht, wie lange sie dauert und welche Umwege evtl. dabei passieren. Sie sind nicht Objekte staatlicher "Aktivierung", erst recht nicht von den nach "Humanressourcen" gierenden "Märkten" und ihren diktierten Anforderungen an das "Humankapital".
Nur 37% der Ausbildungssuchenden bekamen in Bremen einen richtigen Ausbildungsvertrag. Vom Bremer Senat wird behauptet, 97% wären versorgt. Hier wird aber mit statistischen Tricks manipuliert: mit dem Zauberwort "versorgt". Denn als "versorgt" gelten nach Jobcenter-Logik auch die 63% , die in Maßnahmeschleifen, in Schule und sonstigen Projekten (ohne Ausbildungsvertrag) stecken. Schüler der GSO haben das nun aufgedeckt, wie buten und Binnen am 07.12.2016 berichtet. Auch die großen Verprechen mit der vor der Wahl aus dem Boden gestampften Jugendberufsagentur werden kritisiert. http://www.radiobremen.de/fernsehen/buten_un_binnen/video95834-popup.html
Weserkurierartikel vom 27.01.2017 unter der Überschrift: "Bewusste Irreführung"
Das Chaos mit den verwirrenden Zahlen nimmt kein Ende, und das obwohl die Linke schon mehrmals kleine und große Anfragen dazu in der Bürgerschaft gestellt hat. Das könnte daran liegen, dass nach Schätzungen ca. 2000 Ausbildungsplätze in Bremen fehlen.
Der Senat hat im Febr. 2017 die ganze entwürdigende Praxis gegenüber Arbeitslosen/Aufstockern und die miserable schwarze Pädagogik gegenüber unter 25-Jährigen beantworten müssen.
Links ein aus den vorgelegten Zahlen erstelltes Schaubild. Die Senatsstellungnahme auf die Frage: Wie bewertet der Senat die Entwicklung der Sanktionszahlen für unter 25-Jährige, auch hinsichtlich der in der Kooperationsvereinbarung zur Jugendberufsagentur vereinbarten „sozialen, angestrebt sanktionsfreien Integration junger Menschen“? "In der Präambel der Verwaltungsvereinbarung über die Zusammenarbeit im Rahmen einer Jugendberufsagentur in der Freien Hansestadt Bremen ist u.a. festgehalten, dass eine sanktionsfreie Integration junger Menschen von besonderer Bedeutung ist. Nach der Unterzeichnung der Verwaltungsvereinbarung am 14. April 2015 hat die Jugendberufsagentur Mitte 2015 ihre Arbeit aufgenommen. Inzwischen sind alle Standorte (Bremerhaven, Bremen-Nord, Bremen-Mitte) eingerichtet. Gleichwohl hält die auf die 3 Jahre angelegte Organisationsentwicklungsphase noch an. Vor diesem Hintergrund sind zum jetzigen Zeitpunkt valide Aussagen zu Zusammenhängen zwischen der Arbeit der Jugendberufsagentur einerseits und Sanktionen andererseits nicht möglich. Als Partner der Jugendberufsagentur vertritt der Senat die Auffassung, dass Sanktionen möglichst vermieden werden sollten, im Rahmen gesetzlicher Normen des SGB II aber nicht vollständig auszuschließen sind."
Hier die aufbereitete Tabelle aus dem Senatsdokument (unten als Download).
Neu festgestellte Sanktionen in Deutschland im Jahr 2007 stieg von 783.000 auf über eine Million im Jahr 2012.
2016 durchschnittlicher Bestand von rund 134.000 Menschen im SGB II Bezug mit mindestens 1 Sanktion.
Der Großteil der Sanktionen wird verhängt, wenn die ALG-II-Berechtigten einen Termin beim Jobcenter unentschuldigt verstreichen lassen. Nur 10 Prozent der Sanktionen betreffen Fälle, in denen sich SGB-II-Leistungsberechtigte weigern, eine Arbeit, Ausbildung oder Maßnahme aufzunehmen.
Die Betroffenheit von Sanktionen differiert je nach Personengruppen stark:
Jedem dritten Widerspruch wird stattgegeben !
Leistungen kürzen (sogar bei Minderjährigen), statt attraktive Ausbildungsplätze vorzuhalten. Die Jugendberufsagentur in Hamburg entlarvt sich immer mehr als Disziplinierungsinstrument. „Der Senat hält selbst die komplette Streichung von Sozialleistungen für unproblematisch“, kritisiert Hannemann. Das belege die Ignoranz der Regierenden und ihr „pädagogisches Fehlverhalten gegenüber Heranwachsenden“. Wie die TAZ vom 05.07.2016 berichtet, waren "durchschnittlich 3.574 unter 25-Jährige durch Leistungskürzungen im Umfang von mindestens einen Monat [betroffen]. „In den ersten zwei Monaten des laufenden Jahres stieg die Anzahl auf durchschnittlich 4.162 an“, bilanziert die Bürgerschaftsabgeordnete Inge Hannemann (Die Linke). Pro Monat seien im vergangenen Jahr durchschnittlich sogar zwölf Minderjährige von Sanktionen betroffen gewesen."
O-Ton Minister Wolgang Clement (SPD) von 2002 bis 2005 Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
"Deshalb haben wir im Gesetzentwurf vorgesehen, dass junge Leute entsprechende Angebote auch annehmen müssen, also tatsächlich in eine Qualifikationsmaßnahme, Ausbildung oder Ähnliches gehen müssen. Wenn sie sich dem zu entziehen versuchen – was wir ja nicht völlig ausschließen können –, dann kann für sie – darauf müssen wir hinweisen – eine öffentliche Förderung in Gestalt von Geldzuwendungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Sie werden dann auf andere Weise unterstützt werden. Der Druck und die Erwartung der Solidargemeinschaft und der gesamten Gesellschaft, dass sie von solchen Möglichkeiten Gebrauch machen, müssen in deutlicher Form klar werden. Darum geht es bei den Gesetzen zur Reform des Arbeitsmarktes, zum Umbau der Bundesanstalt und des Arbeitsmarktes und zum neuen Denken und Handeln am Arbeitsmarkt, im Kern."
Als Folge wurden 2008 laut Bundesregierung 256.000 Sanktionen gegen unter 25-Jährige ausgesprochen. Bei "wiederholter Pflichtverletzung" erfolgt die Sperrungen sämtlicher Leistungen (Einstellung der Zahlung vom Arbeitslosengeld II, Einstellung der Zahlung der Mietkosten, Einstellung der Kostenübernahme der Krankenversicherung) für drei Monate. So wird Jugend in Schwarzarbeit und Kleinkriminalität getrieben, inzwischen auch wissenschaftlich nachgewiesen.
Im Mai 2015 wurde als vermeintliche jugendpolitische Großtat die Einführung der Bremer Jugendberufsagentur (JBA) von SPD/Grünen in Szene gesetzt; von der CDU und FDP hochgelobt. Und es klingt ja auch erst mal gut, wenn - wie beteuert - "niemand verloren gehen soll", Jugendliche unterstützt würden in ihrer berufliche Entwicklung und sie gute, zukunftsweisende Ausbildungsplätze angeboten bekämen. Wenn dem so wäre !?
Die glänzende Fassade verdeckt das real fehlende, seit Jahrzehnten abgebaute Ausbildungsplatzangebot (im 1. und 2. Ausbildungsmarkt) und - noch schlimmer - Jugendliche werden auf subtile Weise für ihre Misere selbst verantwortlich gemacht und in der Konstruktion der JBA zu Objekten einer technokratischen, "fürsorglichen Belagerung", an deren Ende auch eine Hartz IV Sanktion (Entzug sämtlicher Leistungen) stehen kann. Am 22. November 2015 wird in der Bremer TAZ erneut auf die fehlenden Ausbildungsplätze, die fehlenden Konzepte gegen die steigende Armut unter Bremer Jugendlichen hingewiesen. „Betroffen ist fast jeder dritte Jugendliche in Bremen“, berichtet [TAZ 22.11.] Thomas Schwarzer von der Arbeitnehmerkammer. 12.000 junge BremerInnen sind auf Sozialleistungen angewiesen.
DATENSAMMELKRAKE
A L L E Schulabgänger*innen Bremens sollen nun für 5 Jahre in einer Datenbank des Bildungsressorts erfasst werden, vorausgesetzt die Schüler*innen unterzeichnen die Einwilligungserklärung (s.u.). Niemand muss das unterschreiben. Bereits erteilte Einwilligungen können wiederrufen werden.
Die neuen JUGEND-JOBCENTER (wir wir sie bezeichnen) und vom Senator für Arbeit (!) outgesourcte Träger sollen mit den Daten der Eingewilligten "Kontaktaufnahme" (telefonisch, schriftlich und über Hausbesuche) betreiben. Dann folgen "Fallkonferenzen", besonders für die vorher als "Betreuungskunden" ausgemachten Sonderjugendlichen. Die Jugendhilfe soll eingespannt werden. Notfalls sollen "störende" Sozialdatenschutz-Gesetze längerfristig geändert werden.
Im folgenden längeren Zitat aus der sog. "Bildungskettenvereinbarung" 30.04.2017 entlarvt sich die ganze elektronische Verfolgungs"betreuung", die wesentlich über die Schulen (mit Datenweitergabe) organisiert wird:
"Basis der Verbleibsklärung bildet das bei der Senatorin für Kinder und Bildung geführte elek-tronische Schülerverzeichnis, dessen Inhalt von den Schulen gepflegt wird. Jede Schülerin und
jeder Schüler erhalten bei Eintritt in das Schulsystem eine so genannte „Personalnum-mer“, die sie über alle Schularten hinweg behalten, so dass ihr Weg durch das Schulsystem nachvollziehbar
ist.
Relevante Inhalte des Schülerverzeichnisses werden für statistische Zwecke – zu denen auch die JBA gezählt wird – in die so genannte „Schuldatenplattform“ (SDP Online) eingespeist, auf die
die Behörde Zugriff hat. Für die Jugendberufsagentur wurde ein eigener Zugang zur SDP Online geschaffen, in dessen Rahmen die vorhandenen Daten um weitere, JBA-relevante Informationen oder auch
gänzlich neue Datensätze von neu hinzukommenden jungen Menschen erweitert werden können. So können die Erklärungen, mit denen die jun-gen Menschen in die Verarbeitung und Weitergabe ihrer Daten
einwilligen, zentral erfasst und für Nachforschungen zum Verbleib verwendet werden.
Diese Nachforschungen beginnen mit einer Filterung der vorhandenen Datensätze danach, welche jungen Menschen ihr 18. Lebensjahr und damit ihre Schulpflicht grundsätzlich beendet haben und
nicht mehr in einer Schule gemeldet sind. Damit steht fest, für welche jungen Menschen der Verbleib weiter geklärt werden muss. Für die Verbleibsermittlung werden zwei Lösungen verfolgt:
1.3.1 Aufsuchende Beratung
Alle Datensätze können der „Aufsuchenden Beratung“ zur Verfügung gestellt werden, die dann versucht, mit den jungen Menschen schriftlich, telefonisch oder auch persönlich Kon-takt
aufzunehmen, um den Verbleib durch Befragung zu ermitteln. Da das Team der Aufsu-chenden Beratung aus je zwei Personen für jede Kommune besteht, ist eine umfassende Klärung für alle betroffenen
jungen Menschen aus Kapazitätsgründen nicht möglich.
1.3.2 Rechtskreisübergreifender elektronischer Datenaustausch
Die Datensätze, für die die entsprechende Einwilligung der jungen Menschen vorliegt, kön-nen vor Einschaltung der Aufsuchenden Beratung an die Agentur für Arbeit gesandt werden, um über einen
Abgleich mit der VERBIS-Datenbank zu klären, ob dort etwas über den Ver-bleib bekannt ist. Dies dürfte bei einem großen Teil der jungen Menschen der Fall sein. Aus Kapazitätsgründen ist ein
solcher Abgleich aber nur in elektronisch-automatisierter Form möglich. Die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg prüft derzeit eine Anfrage des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen,
ob ein solcher Austausch als Modellprojekt erprobt werden kann."
"AKTIVIERUNG", RENTABILITÄT, DISZIPLINIERUNG UND DROHENDE LEISTUNGSKÜRZUNG
Prof. Marion Panitzsch-Wiebe (HAW Hamburg) kritisiert anlässlich der Einführung der JBA in Hamburg 2012, dass die Jugendberufsagenturen nicht von der sogenannten Hartz-Gesetzgebung incl. seiner Sanktionsmechanismen zu trennen seien. Auch die Jugendberufsagenturen stellen sich in den Dienst des investiven und aktivierenden Sozialstaates. In dieser neoliberalen Logik werde nur dort "in junge Menschen investiert", wo es sich "rentiere" und Aktivierung sei ein beschönigender Begriff für Disziplinierung und Leistungskürzung bei denjenigen, die sich den von "den Märkten" gewünschten Zurichtungsmechnismen widersetzten.
DISKRIMINIERUNG UND "FÜRSORGLICHE BELAGERUNG"
Vor diesem Hintergrund kritisiert Prof.in Panitzsch-Wiebe die Vorab-Einteilung in Markt-, Beratungs- und Betreuungskunden. Diese Zielgruppendifferenzierung berge aus fachlicher Sicht die Gefahr von ungeprüften Vorurteilsmustern und diskriminierenden Zuschreibungsprozessen. Notwendige, selbstständige Orientierungs- und Entscheidungsprozesse von Jugendlichen könnten damit beeinträchtigt werden. "Niemand soll verloren gehen" könne vor diesem Hintergrund auch als Drohung aufgefasst werden. In ihrer Kritik spricht sie deshalb auch von "Verfolgungsbetreuung".
Der 2011 verstorbene Prof. Michael Galuske (Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen) schrieb 2008 für die Arbeitnehmerkammer Bremen in seinem Beitrag "Die Pädagogik der Hartz-Gesetze – über den aktivierenden Umgang mit Jugendarbeitslosigkeit": "Im vorliegenden Fall sind die Machtverhältnisse klar: Der persönliche Ansprechpartner [FallmanagerIn im Jobcenter] besitzt die Definitionsmacht [und Sanktionsmacht]." Von "einer gemeinsam erarbeiteten und getragenen Problemdefinition", wie sie für "die Entwicklung tragfähiger Hilfebeziehungen in psychosozialen Unterstützungsprozessen" aus professionsethischer Sicht für sozialpädagogische Diagnostik notwendig wäre, kann hier nicht die Rede sein. Im Gegenteil - so Galuske - es wäre eher "eine böse Karikatur dialogischer, auf die Autonomie der Klienten abzielende Bildung, Beratung und Unterstützung, wie sie einmal das Selbstverständnis einer lebensweltorientierten Sozialen Arbeit prägte. [...] Die Pädagogik der Hartz-Gesetze vermittelt den Charakter einer überwunden geglaubten autoritären Fürsorglichkeit im modernistischen Gewand der Managementsprache von Profiling, Assessment, Produkten, Kunden und Fallmanagement, mit der sie ihren bevormundenden Gestus allerdings nicht überdecken kann.[...] Mit der Pädagogik der Hartz-Gesetze ...wird derzeit der nicht gerade armen Geschichte der schwarzen Pädagogik ein neues Kapitel hinzugefügt und es würde der Profession gut zu Gesichte stehen, wenn sie sich sperrig erweist und den Pfad der sozialtechnologischen Umsetzung der neuen Philosophie nicht beschreitet".
SELBST SCHULD ?
Jugendliche sind laut Grundgesetz und UN-Kinderrechtskonvention vollwertige, würdevolle Menschen, sie haben ein Recht darauf, mit ihren individuellen Bedürfnissen ernst genommen, beteiligt und gefördert werden. Sie entscheiden, wo die (berufliche) Reise hingeht, wie lange sie dauert und welche Umwege evtl. dabei passieren. Sie sind nicht Objekte staatlicher "Aktivierung", erst recht nicht von den nach "Humanressources" gierenden "Märkten" und ihren diktierten Anforderungen an das "Humankapital", wie es die repressive Job-Center-Logik gepaart mit neoliberaler Verwertungslogik praktiziert. Das gesellschaftlich/ ökonomische Problem mangelnder guter Ausbildungsplätze (in Bremen geschätzt 2000) und fehlender Zukunftsperspektiven versuchen die Jugendberufsagenturen zu individualisieren nach dem Motto: wer es mit Hilfe der JBA nicht schafft, ist selber schuld; und das bei rasant steigender Kinderarmut. Erstmalig wurden im Mikrozensus mit den Daten von 2016 im Bund die 20-Prozent-Schwelle überschritten. Die gesammelten neuen Daten für 2016 und alle Bundesländer und aufgeschlüsselten Personenkreise findet ihr hier: http://www.amtliche-sozialberichterstattung.de/A1armutsgefaehrdungsquoten.html
Emer. Prof. Tim Kunstreich von der Hochschule für Diakonie und Soziale Arbeit in Hamburg (Rauhes Haus) sagte zu den aktuellen Tendenzen in der Sozialen Arbeit in einem Interview am 13.9.2012:
"Ich vergleiche das häufig mit dem Ende der 1920er Jahre. Damals war die Sozialhygiene eine dominierende wissenschaftliche Ideologie. Wir erleben heute so etwas wie eine Neosozialhygiene, daß nämlich alle Nützlichkeitskriterien ökonomisch konnotiert werden, aber insofern auch einen Unterschied, als der Rassismus nicht mehr an der Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit festgemacht, sondern in die Verantwortung des einzelnen gelegt wird. Du bist verantwortungslos, wenn du dich nicht sozial so verhältst, daß du in dieser Gesellschaft gut funktionierst. Diese Form von Rassismus ist viel gefährlicher, weil sie nach innen geht und Selektionen hervorruft, bei denen der einzelne sich selber schuldig fühlt und sagt, ich schaffe das nicht, ich kann es ja nicht. Das ist die perfekte Herrschaft."
SONDERSANKTiONEN GEGEN UNTER 25-JÄHRIGE ?
"Im Rahmen einer Verschärfung der gesetzlichen Regelungen zum 01.01.2007 gilt für Personen unter dem 25. Lebensjahr: Bei der ersten Pflichtverletzung entfällt wie zuvor die Regelleistung vollständig. Neu war, dass bei wiederholter Pflichtverletzung auch die Leistungen für Unterkunft und Heizung für drei Monate entfallen können. Die Sperrungen sämtlicher Leistungen (Einstellung der Zahlung vom Arbeitslosengeld II, Einstellung der Zahlung der Mietkosten, Einstellung der Kostenübernahme der Krankenversicherung) erfolgt für drei Monate und kann unter bestimmten Bedingungen auf 6 Wochen verkürzt werden. 2008 sind laut Bundesregierung 256.000 Sanktionen gegen unter 25-Jährige ausgesprochen worden. Die Sanktionsquote (Prozent der Arbeitslosengeld 2 Bezieher mit mindestens einer Sanktion), lag im Zeitraum Januar bis September 2008 bei unter 25-jährigen bei 10 Prozent." (Quelle)
Verdi (s.u.), DGB, der Paritätische, der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge, Caritas, Linke und Grüne (Aussetzung, Moratorium) fordern seit Jahren die Abschaffung der (verfassungsfeindlichen?) diskriminierend gegen die Altersgruppe der "unter 25-Jährigen" gerichteten, verschärften Sanktionen. Junge Menschen würden so nach wissenschaftlichen Erkenntnissen (s.u.) eher in Rückzug, Verschuldung und Kriminalität getrieben.
SPD, CDU und FDP haben aber im Bundestag in den letzten Jahren alle Anträge auf Abschaffung dieser Sanktionen abgelehnt; zuletzt wieder am 30.09.2015, als ein Antrag der Linken auf vollständige Abschaffung, als auch der Grünen auf Aussetzung der Sanktionen im SGB II von der großen Koalition aus SPD und CDU abgelehnt wurden.
Insofern ist die Formulierung in der Bremer Deputations-Vorlage vom März 2015, wonach Sanktionsfreiheit "anzustreben" sei, eine scheinheilige Augenwischerei. Die bereits 3-jährigen Erfahrungen in Hamburg mit der JBA zeigen, dass die dominierenden Jobcenter mithilfe ihrer "bundesgesetzlichen Rechtsvorschriften" keineswegs bereit sind, von ihrem menschenunwürdigen Sanktionsapparat abzurücken. Auch die Leitung der Bremer Jobcenter hat auf die "bundesgesetzlichen" Vorgaben verwiesen. - Gleichzeitig kommen sie aber so an "die Problemjugendlichen" nicht mehr ran, die die "Beglückung" durch die "Jobcenter-Beratung" wegen der Bestrafungspraxis wie die Pest meiden.
Ausgerechnet diese verhassten Jobcenter sollen eine federführende Rolle in den JBAs spielen. Schulen, Jugendhilfeeinrichtungen, Freizis, Justi-Q-Projekte, "REBUZe" u.a. sollen den Jobcentern die intimen Informationen über die (familiären) Lebensverhältnisse der Jugendlichen (Datenschutzverletzung?) liefern und sie damit deren Sanktionsapparat ausliefern ?
INTERESSEN UND BEDÜRFNISSE VON JUGENDLICHEN ?
Fachliche Ansätze der Jugendhilfe nach dem Sozialgesetzbuch VIII stehen in diametralem Gegensatz zu der Hartz IV-Logik. Ernstzunehmende Unterstützung heißt im Kinder- und Jugendhilfegesetz: Zusammenarbeit entlang der Bedarfe und Interessen von Jugendlichen, mit Respekt, Achtung und Partizipation (unter Schweigepflicht), nicht aber Zwang und Sanktion. Dieses alte gescheiterte „Fürsorge“-Denken, in dem Jugendliche lediglich Objekte staatlichen Handelns waren, wurde erfolgreich durch eine starke, kritische Sozialarbeiter*innen-Bewegung der 1970-1980er Jahre gekippt, was seinen Niederschlag im 1990 verabschiedeten Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) fand.
"VERHARTZUNG" DER JUGENDHILFE und ABBAU VON BERUFSORIENTIERUNGSPROJEKTEN ?
Soll jetzt die Jugendhilfe über die Hartz IV-Jobcenter „Aktivierungskeule“ mit ihren fragwürdigen Sondersanktionen gegen unter 25-Jährige funktionalisiert werden ? Dort wo gute,
niedrigschwellige, partizipative Beratungsarbeit (in Jugendhilfeeinrichtungen und Freizis zum Beispiel) ohne amtliche Datenweitergabe bereits seit Langem geleistet wird oder werden könnte, wird
gleichzeitig gekürzt oder werden Projekte im Jahrestakt bewilligt und wieder versenkt !? Was diesen Projekten wirlich fehlt, sind gute, auswahlfähige, (wo nötig) sozialpädagogisch betreute
Ausbildungsplätze. Das Konzept der Jugendberaufsagenturen soll, wie das Deputationspapier vom März 2015 freimütig offenbart, durch "Synergieeffekte" ( Zentralisierung in der JBA und Abbau
existierender dezentraler/ berufsschulischer Beratungs- und Orientierungsprojekte) ca. 3 Mio. Euro Kostenreduzierung bewirken.
DATENSCHUTZ ?
Das "rechtskreisübergreifende" Verfahren der personenbezogenen Datenweitergabe im Kontext der Jugendberufsagenturen sei unzulässig, kritisiert der Rechtsanwalt und Datenschutzbeauftragte Mark Rüdlin (siehe sein Beitrag unten). Das Einverständnis der Eltern setzt eine wirkliche Wahlmöglichkeit voraus. Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie freiwillig abgegeben wurde. Es muss also auch möglich sein, nicht zuzustimmen, ohne dadurch Nachteile befürchten zu müssen.
Wie die Bremer Senatorin für Bildung nun in ihrer "Verfügung" vom 30.06.2015 freimütig bekennt, musste nach Kritik monatelang zwischen den vielen Ressorts und den Bremer Datenschutzbeauftragten abgestimmt werden. Rausgekommen sind (in letzter Minute vor der Schulentlassung 10. Juli 2015) zwei seitenlange Einwilligungserklärungen (s.u.), zu denen die z.T. noch 16-jährigen Schülern*innen fast schon genötigt wurden. Sie ermöglichen den Behörden und JBAs für 5 Jahre nach Schulende fast alles ("Verfahrensstand") an Datenaustausch. Anzuerkennen ist, dass wenigstens der Zugriff auf die Sozialdaten im Sozialressort erschwert wurde. Die jetzt bekannt gewordene "Last-Minute"-Umsetzung in den Abschlussklassen läßt Schlimmes befürchten; zumal die z.T. noch sorgeberechtigten Eltern nicht vorab informiert wurden, was ihre Kinder dort fernab des Elternhauses unterschreiben.
Zwar hat das Bildungsressort mit dem letzten Satz in den Einwilligungserklärungen formal genüge getan ("Ich wurde darüber aufgeklärt, dass eine Verweigerung der Einwilligung keine nachteiligen Folgen für mich hat.")
a. Aber schon der sprachliche Duktus ("Verweigerung") ist von einer ordnungspolitischen Haltung geprägt, die beim jungen Menschen schlechtes Gewissen entstehen lassen soll, er "verweigere" sich der reibungslosen Einfädelung in den Arbeitsmarkt.
b. Und dem evtl. zwei Jahre später durch ein Jobcenter wegen angeblich "fehlender Kooperation" sanktionierten jungen Menschen wird es mit großer Sicherheit schwer fallen nachzuweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Sanktion und der "Verweigerung" der Unterschrift kurz vor Schulende geben könnte, die der/die Klassenlehrer/in empfohlen hat zu unterschreiben. (Zitat in der Verfügung: "...möglichst mit Kreuzchen zurückgeben".)
In den geplanten "rechtskreisübergreifenden" Fallkonferenzen müssen besonders die Sozialarbeiter*innen der Jugendhilfe auf ihre noch strengeren Bestimmungen zur Schweigepflicht und dem Sozialdatenschutz achten - Missachtung ist justiziabel ! Eltern oder auch Jugendliche, die mit dem Informationstransfer nicht einverstanden sind, sollten die Einwilligungserklärung nicht unterschreiben. Und zu erwägen wäre, ob Datenschutzverletzungen exemplarisch/juristisch nachverfolgt werden sollten.
KLEINE FIRMEN PROFITIEREN VON DEM AUFGEBAUTEN VERMITTLUNGSDRUCK ?
Entlarvend heißt es zudem in der genannten Deputations-Vorlage: "Insbesondere kleine Firmen werden von einer Erhöhung der Nachfrage nach Ausbildungsplätzen und einer systematischen Begleitung der jungen Menschen profitieren." Mit dem Euphemismus "Erhöhung der Nachfrage nach Ausbildungsplätzen [...] in kleinen Firmen" ist nichts anderes gemeint, als der Druck auf "unwillige" Jugendliche, unattraktive Ausbildungplätze in kleinen "Klitschen" ohne Zukunftsperspektive mit oft schlechter (z.B. untertariflicher) Ausbildungsvergütung, wo junge Menschen wenig/nix lernen und viel ausgebeutet werden, trotzdem anzunehmen. "Der Mehrwert [?] entsteht durch gemeinschaftlich strukturierte Prozesse...". Womit sich auch die hohe Motivation der vertraglich beteiligten "Wirtschaft" von selbst erklärt.
Die Jugenberufsagenturen werden keinen einzigen auswahlfähigen Ausbildungsplatz mehr schaffen, sie werden lediglich den "Vermittlungsdruck" erhöhen.
Die DGB Jugend fordert deshalb:
Chancengleichheit im Bildungssystem, Qualifizierte und zukunftsorientierte Aus- und Weiterbildung für alle Jugendlichen, Schaffung zusätzlicher betrieblicher Ausbildungsplätze durch eine Umlagefinanzierung - Es bleibt dabei: Wer nicht ausbildet, muss zahlen! , Übernahme nach der Ausbildung, Bildungsurlaub für alle, Stark machen gegen Ausgrenzung - für die menschliche Würde.
Der Geschäftsführende DGB-Bundesvorstand hat im Juni 2015 einen Forderungskatalog zum grundlegenden Umbau des Sanktionsrechts bei Hartz IV beschlossen. Darin werden eine Entschärfung der Sanktionen und flexiblere Einzelfallhandhabungen einschließlich der Rücknahme von Sanktionen bei Verhaltensänderung gefordert. Außerdem sollten positive Anreize ins SGB II aufgenommen werden. Besonders die schärfere Bestrafung von unter 25-Jährigen, die Unterschreitung des physischen Existenzminimums bei wiederholter Sanktionierung sowie die Kürzungen der Unterkunftskosten lehnt der DGB ab. Im Rahmen der sogenannten "1-Euro-Jobs" soll auf Sanktionen ganz verzichtet werden. Link
DIE LINKE fordert: Abschaffung der Sanktionen, mehr Ausbildungplätze und ein wirklich wahlfähiges, sinnvolles Angebot mittels Ausbildungsplatzumlage oder außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen. Mehr öffentliche Ausbildungsföderung. Höhere Ausbildungsvergütungen, z.B. in Form einer Mindest-Ausbildungsvergütung und einer Bildungsprämie für Azubis im aufstockenden Hartz IV Bezug.
Der GEW Landesvorstand Bremen erklärt Ende Juni 2015:
"Bei der in den Wahlprogrammen an vorderster Stelle genannten Berufsvorbereitung
gibt es schwere Mängel, die durch die mit vielen Vorschusslorbeeren gegründete
Jugendberufsagentur nicht behoben werden. Der Abbau der Arbeitslehre und der Funktionsstellen
für Berufsorientierung in der Sekundarstufe I und die an vielen Stellen mangelhafte Ausstattung
der beruflichen Schulen werden durch eine neue Beratungsinstitution nicht aufgewogen."
Caritas fordert Reform des Hartz-IV-Sanktionsrechts
Das Sanktionsrecht bei Hartz IV muss gründlich überarbeitet werden. „Aus der Praxis wissen wir, dass die gegenwärtige Sanktionierungspraxis von den Betroffenen als stigmatisierend empfunden wird. Hartz-IV-Empfängern darf nicht pauschal unterstellt werden, dass sie nur unter Druck zur Arbeit bereit sind“, so Caritas-Präsident Peter Neher… ( Link ) "...wir fordern die ersatzlose Abschaffung ! "
Literaturempfehlung:
Grießmeier, Nicolas, "Der disziplinierende Staat. Eine kritische Auseinandersetzung mit Sanktionen bei Arbeitslosengeld II-Empfängern aus der Sicht der Sozialen Arbeit und der
Menschenrechte", http://sanktionsstudie.de/
U 25’er Weisung des Jobcenter Berlin
Dienstanweisung zur "Kundensteuerung" im Umgang mit U 25’ern über die Umgangsweise mit den minderjährigen Schülern. Siehe dazu die Weisung bei Harald Thomé
Hartz-IV-Sanktionen verfassungswidrig: PARITÄTISCHER begrüßt (28.5.2015) aktuellen Beschluss des Sozialgerichts Gotha und fordert Abschaffung der Sanktionen.