35 Engagierte für bezahlbare Mieten beim Bremer MieterInnenratschlag am 29. Januar 2020 im DGB-Haus. Mit zwei Referenten zur wohnungspolitischen Situation in Bremen und Hamburg und geplanten Aktionen in 2020:
1. Bernd Vetter, Mietrechtsanwalt aus Hamburg, Volksinitiative Wohnen, hier ein LINK zu Bernd Vetters WEB-Seite. 2. Christoph Spehr, Landessprecher DIE.LINKE Bremen
Wer zulässt, dass unser kommunaler Boden verkauft wird; wer zulässt dass private Renditejäger und Miethaie darüber bestimmen, wo, wann und wie teuer gebaut wird, der wird nur hochpreisige Wohnungen und Verdrängung der Einkommensärmeren und Wohnungslosigkeit produzieren; der ist mitverantwortlich für Obdachlosigkeit. Wir brauchen einen radikalen Mietpreisstopp #mietendeckel und Bereitstellung bezahlbarer Wohnungen, bevorzugt für die zunehmende Zahl von sog. "Wohnungsnotstandsfällen" durch die Kommune.
Hier die LIste der Unterstützer des Aufrufs zur Demonstration am 23. März 2019: Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen Bremen, attac Bremen, Aufstehen Bremen, Autonomes Bremer Frauenhaus, AWO | Bremen, Bremer Bündnis Soziale Arbeit, Bremer Friedensforum, Bremer Mieterschutzbund e.V., Bündnis Grundeinkommen LV Bremen, Bunte Berse e.V., Cafe Sunshine, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Bremen, DGB Bremen-Elbe-Weser, Diakonisches Werk Bremen e.V., DMB Mieterverein Bremen e.V., EGLAM, Erzeuger-Verbraucher Genossenschaft eG, EVG Bremen, fairtragen GmbH ökologische Mode in Bremen, Familien-und Lebensberatungsstelle der Bremischen Ev. Kirche, Frauengesundheit in Tenever, GdP Bremen, GEW Bremen, Gemeinwohl-Ökonomie Bremen, IG BAU Weser-Ems, IG Metall Bremen, Initiative Bremer Montagsdemo, Initiative zur sozialen Rehabilitation e. V., KARL - solidarisch bauen und wohnen, Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt KDA Bremen, Mieter helfen Mietern Bremen e.V., Naturfreunde Bremen e.V., NGG Bremen-Weser-Elbe, Obdachlosen-Initiative Nordbremer Gemeinden, Solidarische-Hilfe e.V., Spielplatz Klein-Mexiko e.V., StadtteilGenossenschaft Hulsberg eG, TERRE DES FEMMES Bremen, ver.di Bremen-Nordniedersachsen, ver.di Jugend Bremen-Nordniedersachsen, Verein Sozialökologie (VSÖ), Wagenburg Ölhafen, Wohnprojekt Mosaik, Wohnwerk fk|4, Verein WuM - Wohnen und Mehr e.V., ZIS- Zentrum für Migranten und interkulturelle Studien e.V.
FORDERUNGEN DES BÜNDNIS'
- Gegen Mietenwahnsinn, Modernisierungs- und Nebenkosten-Abzocke!
- Keine Verdrängung von Mieter*innen! Keine Vertreibung von Obdachlosen!
- Keine Zwangsräumungen – keine Strom-, Gas- und Wassersperren!
- Kein Verkauf städtischer Flächen – Erbbaurecht statt Privatisierung!
- Leerstand und Schrottimmobilien enteignen!
Stadtentwicklung nicht dem Profitprinzip und den Investoren überlassen!
- Notwendig ist ein grundlegend anderer Umgang mit Wohnraum, öffentlichem Raum und städtischen Flächen. Wir brauchen ökologischen und sozialen Wohnungsbau, der dauerhaft Bestand hat. Dieser muss durch stadteigene Wohnungsbaugesellschaften und sozial-ökologische Genossenschaften erfolgen.
- Die Stadt gehört allen!
Programm der Fachtagung
16:00 Begrüßung, Moderation des Abends (Cornelia Barth u. Marie Seedorf)
(Pause)
"Wohnungspolitik — (k)ein Thema für Soziale Arbeit?!"
unter diesem Titel klagte schon 2014 eine unserer Bündnis-Gründerinnen (Maren Schreier) in Sozialextra 2/2014 über den offensichtlichen Widerspruch zwischen der
Es geht also auch um die politische Verantwortung um eine sozial-gerechte Stadtentwicklung.
Maren Schreier (Sozialarbeiterin, war Lehrbeaufragte an der HS-Bremen und nun Dozentin am Fachbereich Soziale Arbeit der FHS St. Gallen) schrieb 2014:
"Menschenwürdiges Wohnen ist eine Frage des Geldbeutels; Nachfrage und Profitgier ermöglichen maßlose Mietpreissteigerungen, MieterInnen sind erpress- und austauschbar. Diskriminierungen erschweren die Wohnungssuche: Erwerbslose, Verschuldete, ALG-II-Empfänger, Geflüchtete, Migrantisierte, Alleinerziehende, psychisch Kranke — sie finden nur schwer eine angemessene Bleibe. Nicht immer sind derartige Menschenrechtsverletzungen sichtbar, viele Betroffene leiden im Stillen; in der öffentlichen Meinung herrscht die Individualisierungs-These „Selbst Schuld!“
Reicht es also aus, wenn Soziale Arbeit sich (in Arbeitsfeldern wie Streetwork, Wohnungslosenhilfe oder GWA) damit befasst, Auswirkungen von Wohnungsnot — im Einzelfall — zu lindern?
Die Wohnungsnot hat System, denn sie ist profitabel. Dies endlich zu thematisieren, wäre eine dringende Aufgabe Sozialer Arbeit. Mit Wohnraum wird gehandelt und spekuliert. Menschenrechte?
Weit gefehlt: Rendite und/oder Haushaltskonsolidierung sind leitende Koordinaten, auch für Stadtpolitik. Hier offenbart sich, wie Fragen sozialer Gerechtigkeit gewichtet werden:
Hochglanzbroschürentaugliche Stadtmarketing-Kampagnen und eine rege Neubautätigkeit im Hochpreissegment entlarven stadtenwicklungspolitische Prioritäten. Kommunen überlassen ihre (noch
verbliebenen) Gestaltungsräume dem freien Spiel der Kräfte (durch Ausverkauf öffentlichen Baugrundes und kommunaler Wohnungsbestände gleich im Großpaket: jüngst haben als Teil eines solchen
allein in Bremen wieder 9.000 Wohnungen den Eigentümer gewechselt)." (Quelle s.o.)
Vor diesem Hintergrund hat unser Bündnis sich aufgemacht, an einem Abend mit eingeladenen Fachleuten, Praktiker*innen und Betroffenen die Situation in Bremen zu diskutieren und konkrete politische Aktionen zu planen.
Der Weserkurier berichtet am 18.04.2018: "Zwangsräumen bedeuten für Menschen eine existenzielle Krise. Mehr als 60.000 Fälle gab es bundesweit im Jahr 2016. Viele Betroffene sind von Wohnungslosigkeit bedroht. Die Bremer Sozialbehörde kann nicht sagen, zu wie vielen Zwangsräumungen es pro Jahr in Bremen kommt."
Die TAZ vom 18.04.2018 berichtet, über einen beispielhaften Fall, in dem es zu einer kuriosen "Zusammenarbeit" zwischen dem Hartz IV Jobcenter und Grand City Property gekommen ist, um eine Mieterin zwangszuräumen. Das pikante an der Sache ist, dass zwischen März und Juli 2014 alle 570 Wohneinheiten der Grohner Düne den "freien Marktkräften" überlassen wurden, die zuvor zum Teil der „Deutsche Wohnen AG“ und einem niederländischen Immobilienunternehmen gehörten. Das Unternehmen mit Sitz in Zypern weist viele Merkmale einer sog. „Heuschrecke“ auf, um so verwunderlicher, dass die Stadt Bremen den Wohnkomplex nicht selbst gekauft hatte. In Bremen war der Konzern damals bereits berüchtigt, weil er auch andere Wohnungen gekauft und nur sehr schleppend saniert hatte.
TAZ Nord/Hamburg 15.10.2018 : "Obdachlose Jugendliche in Hamburg. Erst mal wohnen. Straßenkinder und Experten fordern ein „Housing First“-Modell für obdachlose Jugendliche.
Viele wohnungslose Jugendliche kommen aus der Heimerziehung. Das kam am Wochende auch auf der Fachtagung „In and Out of Care“ des Arbeitsbereichs Sozialpädagogik der Uni Hamburg zu Rechten und Möglichkeiten junger Menschen in der Heimerziehung zur Sprache. Eindrücklich forderten zum Schluss Josi und Kevin vom Straßenkinder-Projekt „Momo – Voices of Disconnected Youth“, dass auch Hamburg nach dem Vorbild anderer Städte ein „Housing First“-Modell anbietet.
Wie das funktioniert, erklärte Peter Heemann von der „Werkstatt Solidarität“ aus Essen anschaulich. Der erst vor drei Jahren gegründete Träger hat in der Ruhrpott-Stadt bereits 130 Wohnungen angemietet und auf diese Weise Jugendliche vor der Obdachlosigkeit bewahrt. „Wir stellen die Jugendhilfe auf den Kopf“, sagt Heemann. Häufig flögen die Jugendlichen aus Heimen, wenn sie sich dort nicht an Regeln hielten. Es seien junge Menschen mit teils schweren Problemen wie Drogenkonsum oder Schulverweigerung. - Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) hat hochgerechnet, dass bundesweit rund 37.000 junge Menschen bis 26 Jahre entweder obdachlos (23,9 Prozent) oder wohnungslos (76,2 Prozent) sind. Basis war eine Onlinebefragung von Fachkräften und eine Befragung von rund 300 Jugendlichen aus Köln, Berlin und Hamburg."
Die TAZ vom 27.11.2017 berichtet über die neueste Aktion der Berliner Politkünstler vom Peng-Kollektiv. „Haunted Landlords – Die Rückkehr der Entmieteten“, heißt sie. Vermieter-Haie sollen also von Gespenstern heimgesucht werden. 40 Schicksale verdrängter Mieter aus sechs Häusern, davon vier in Berlin, haben die Aktivisten gesammelt, anonymisiert und einsprechen lassen. Auf der Website hauntedlandlord.de kann man sich die Ergebnisse anhören – auch ohne Vermieter zu sein. „Die Geschichten sind verblüffend ähnlich“, sagt die Peng-Aktivistin Nora Moll. Ob in Berlin, Leipzig oder Frankfurt – überall ist es lukrativ, Altmieter loszuwerden, um dann teurer weiterzuvermieten oder zu verkaufen. „Entmietungen und Zwangsräumungen sind ein wesentliches Mittel, um Häuser zu räumen und dann Profit zu machen“, so Moll.
Die Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit 1989 war der Startpunkt für die nachfolgende Unterversorgung mit leistbaren Wohnungen für untere Einkommensgruppen.
Die Privatisierung von kommunalem Grund und Boden unter dem Label "Neubau mit 25% Sozialwohnungsquote" muss beendet werden.
Die Entfristung der Sozialbindung (bisher nur 20 Jahre) ist das Mindeste, besser gleich kommunal bauen.
Nachhaltige Stadtentwicklungspolitik und soziale Wohnungspolitik sind ohne eine aktive und konsistente Bodenpolitik aller administrativen Ebenen langfristig nicht umsetzbar. Die Städte und Gemeinden müssen in diesem besonderen Handlungsfeld ihre verlorene Steuerungskraft zurückgewinnen. Das deutsche Institut für Urbanistik und der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung haben im Oktober 2017 eine "Bodenpolitische Agenda 2020-2030" vorgelegt.
TAZ Bremen 10.07.2017. "... Joachim Barloschky, Sprecher des Aktionsbündnisses „Menschenrecht auf Wohnen“, kritisiert die Situation auf dem Bremer Wohnungsmarkt. Die derzeitige Entwicklung schüre weitere Wohnungslosigkeit, sagt er. Betroffen seien nicht nur Geringverdiener oder die über 500 Obdachlosen in Bremen. Sondern auch „Tausende“, die wegen des Mangels an bezahlbarem Wohnraum bei FreundInnen oder der Familie hausen müssten.
...
„Ruhmvoller und schrecklicher Abschluss dieser Entwicklung war Tenever“, sagt Barloschky, der in den 90ern Quartiersmanager des Stadtteils war und dessen Abdriften zum sozialen Brennpunkt miterlebte. Schuld daran sei der großflächige Verkauf der kommunalen Wohnungsgesellschaften in den 1990er Jahren gewesen. Die meisten der Sozialbauten gehörten danach Finanzunternehmen. „Das geht immer zu Lasten der Menschen“, beschwert sich Barloschky, „da die Rendite machen mit hohen Mieten bei möglichst wenig Instandhaltungskosten“. ..."
TAZ 01.08.2017 : (Auszüge) "Die Zahl der BremerInnen, die Wohngeld bekommen, hat sich 2016 verdoppelt – im Vergleich zum Vorjahr. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei hervor. 2015 wurden demzufolge 7.691 Anträge gestellt, 2016 aber schon 13.788. Die meisten kommen aus der Neustadt, der Vahr, Osterholz und Gröpelingen"...."So nutze die Vonovia das knappe Wohnungsangebot, um selbst in wenig begehrten Wohngebieten wie Hinter den Ellern in Hemelingen oder Wohlers Eichen in Oslebshausen die Miete „sogar bis über die Obergrenzen hinaus anzuheben“, so der BEV [Bremer Erwerbslosen Verband]. In der Folge müssten sich nun teilweise fünf Personen eine Drei-Zimmer-Wohnung teilen."
TAZ 17.10.2017 Auszug: "In Bremen sind die Abwassergebühren im Februar [2017] um durchschnittlich 6,8 Prozent gestiegen. Und Bremen hat Hansewasser nicht nur ein Monopol eingeräumt, sondern hat 2008 unter Rot-Grün auch auf sein Recht verzichtet, die weitere Preisentwicklung zu überprüfen.
Hansewasser musste im Gegenzug bloß rund fünf Millionen Euro im Jahr an die Stadt abtreten. Gleichwohl machte die Firma 2014 bis 2016 jeweils rund 20 Millionen Euro Gewinn und erwirtschaftete aus dem Geld der Gebührenzahler eine Eigenkapitalrendite von knapp 30 Prozent, rechnet Mönnich vor. „Das ist besser als bei Porsche“, sagt er.
TAZ 07.02.2018 : Auszug: "Frischwasser gilt rechtlich als „Lebensmittel“, dafür ist die Kartellbehörde zuständig. Die hat einmal die Berliner Wasserpreise überprüft und festgestellt, dass sie um rund ein Drittel zu hoch waren. In Hamburg oder Bremen hat die Kartellbehörde nie geprüft.
Für die Abwassergebühren und ihre Überprüfung wäre theoretisch die Kommune zuständig. In Bremen hat die Stadtverwaltung bis zum Jahre 2028 auf dieses Prüfrecht verzichtet." Tolle Volksvertreter, die sich den Profiten der Privatwirtschaft verpflichtet fühlen.
Der
WK fragt BARLO am 30.12.2016: Was würden Sie sich wünschen?
BARLO: Dass die Stadt ihrer Verpflichtung nachkommt, für angemessenen Wohnraum zu sorgen. Es ist positiv, dass erneut Förderprogramme aufgelegt werden, aber das ist immer noch zu wenig.
Denn der ursprüngliche Gedanke, dass der Markt alles richtet, hat sich nicht bewahrheitet. Auch was das Wohnen betrifft, gilt: Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer
ärmer. In Bremen gab es mal rund 90 000 geförderte Wohnungen, jetzt sind es gerade mal 9000. Das ist zu wenig.
Foto:Joachim Barloschky, Lehrbeauftragter an der Hochschule Bremen (Soziale Arbeit / Gemeinwesenarbeit), Quartiersmanager Bremen-Tenever 1990-2011, Vorträge / Seminare zu Armut/Reichtum, Stadtentwicklung von unten, Internationales Zusammenleben in Quartieren, Kommunale Inklusion etc., Sprecher des Bremer Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen.
Haben Sie eine Lösung?
BARLO: 5000 Wohnungen, die unter kommunaler Regie gebaut werden, würden schon mal für Entspannung sorgen. Und ich würde mir wünschen, dass sich Bremen beim Wohnungsbau ein Beispiel nimmt am neuen
Koalitionsvertrag der Berliner Regierung.
Was ist daran beispielhaft?
BARLO: Dort sind schärfere Orientierungen zu finden, etwa beim öffentlichen Wohnraum, der nicht weiter verscherbelt werden darf. Es gibt die Idee einer Gentrifizierungssatzung, auch einen
Milieuschutz gibt es. Und die landeseigenen Wohnungen sollen auf 55 000 erhöht werden.
Wo steht Bremen in fünf Jahren beim Thema bezahlbarer Wohnraum?
BARLO: Es gibt Städte, in denen es um das bezahlbare Wohnen noch wesentlich schlimmer steht, das will ich nicht vergessen. Ich würde mir wünschen, dass von den 10 000 Vermögensmillionären, die es
in Bremen gibt, jeder nur ein Prozent als Vermögensabgabe leistet. Dann hätte Bremen auf einen Schlag 300 Millionen Euro, mit denen sich sofort 3000 bezahlbare Wohnungen bauen ließen.
Laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe waren in 2016 ca. 860.000 Menschen in Deutschland ohne Wohnung - seit 2014 ist dies ein Anstieg um ca. 150 %.
Die BAG W prognostiziert von 2017 bis 2018 einen weiteren Zuwachs um ca. 350.000 auf dann ca. 1,2 Millionen wohnungslose Menschen. Das wäre eine weitere Steigerung um ca. 40%.
In 2014 waren ca. 172.000 Haushalte (2012: 144.000) vom Verlust ihrer Wohnung unmittelbar bedroht. In ca. 50 % der Fälle konnte die Wohnung durch präventive Maßnahmen erhalten werden. Doch insgesamt gab es 86.000 neue Wohnungsverluste in 2014: davon ca. 33.000 (38 %) durch Zwangsräumungen und ca. 53.000 (62 %) sog. „kalte“ Wohnungsverluste. Beim „kalten“ Wohnungsverlust kommt es nicht zur Zwangsräumung, sondern die Mieter und Mieterinnen, vor allem alleinstehende, „verlassen“ die Wohnung ohne Räumungsverfahren oder vor dem Zwangsräumungstermin. Ein ausschließlicher Blick auf die Zwangsräumungszahlen verkennt das Ausmaß neu entstehender Wohnungslosigkeit.
Wie der Weserkurier vom 14.02.2017 - auf Zahlen des statistischen Landesamtes aufbauend - berichtet, hat Bremen in 2 Jahren (2015-2016) ca. 12.500 meist geflohene Menschen aufgenommen. Wenn aber in "Blumenthal, Gröpelingen und Hemelingen – mehr als 1600 ausländische Einwohner hinzukommen, und in anderen – zum Beispiel im Viertel, in Borgfeld und Oberneuland – nur 130", dann wird schnell klar auf wessen Kosten, bei fortexistierenden schweren Versäumnissen im Wohnungsbau (bezahlbarem) und als Folge der Schuldenbremse stagnierender sozialer Infrastruktur (Kitas, Schulen, Familien- und Jugendzentren), die ganze "Willkommenskultur" abgeladen wird.
Wie der Weserkurier vom 14.02.2017 ebenfalls berichtet, landen "Flüchtlingsfamilien oft allein aufgrund des Wohnungsmarktes in Brennpunktgebieten [...]: "In Lüssum hatten wir etwa 100 große, leer stehende Wohnungen. Die waren in schlechtem Zustand, waren aber günstig und begehrt, denn es gibt kaum größere Wohnungen mit über 100 Quadratmetern – die wurden dann vor allem von Flüchtlingsfamilien mit vielen Kindern bezogen." Dass Flüchtlingsfamilien im Brennpunkt landen, gibt es auch in Vegesack, erzählt Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt: "Rund 100 Wohnungen in der Großsiedlung Grohner Düne waren bis vor einiger Zeit aus Brandschutzgründen gesperrt. Nachdem der Brandschutz verbessert und die Wohnungen wieder nutzbar waren, sind dort viele größere Familien aus Syrien und dem Libanon eingezogen." Dadurch gab es innerhalb eines Vierteljahres 200 bis 300 neue Bewohner im Quartier: „Das stellt hohe Anforderungen an die benachbarte Kita und die Schule nebenan."
Tragischer Tod eines aus Gambia Geflohenen jungen Mannes nach einer Stromsperre im Febr. 2016.
In der Bremer Bürgerschaft lief im Okt. 2015 eine Anfrage der Linken nach Information, welche Schicksale, von Kindern, Alten, Jungen, Frauen, Müttern, Vätern... sich hinter dieser rasanten Zunahme der Energiesperren in Bremen verbergen und was der Senat dagegen zu tun gedenkt. Hier die Antwort des Senats.
TAZ und Weserkurier über den Tod eines jungen geflohenen Gambiers. Am Dienstag wurde er tot in seiner Wohnung im "Viertel" aufgefunden: Kohlenmonoxidvergiftung. Folge einer SWB-Stromsperre vom 6. Februar. Seit mind. 2 Jahren wird geredet in Runden Tischen, passiert ist eine Steigerung der Sperren - ein Skandal ! Wo die steigende Armut in Bremen enden kann. Jetzt werden PolitikerInnen wieder fieberhaft nach "individuellem Fehlverhalten" suchen (Wir kennen das schon vom "Kevin_Untersuchungsausschuss" 2007), um von ihrer Gesamtverantwortung abzulenken.
Energieversorgung zurück in die Hand der Bürger*innen
Nicht der Profit, sondern die Versorgung mit dem Elementarsten (z.B. Wasser) hat Vorrang, für alle, besonders für Kinder, Alte und Kranke.
Die Energiepreise haben sich in den letzten 15 Jahren verdoppelt, die Hartz IV Sätze sind demgegenüber viel zu niedrig geblieben. Der Niedriglohnsektor nimmt laufend zu, zusammen mit den steigenden Gas- und Wassersperren. Bremen hat eine der höchsten Kinderarmuts- und Verschuldungsquoten Deutschlands. Die von der Agenda 2010 vorprogrammierte Altersarmut wirft ihre Schatten voraus - bewusst herbeigeführte Armut bei den Schwächsten der Gesellschaft. Laut Bundesnetzagentur stellten deutsche Versorger 2014 über 350.000 Haushalten den Strom ab, so vielen wie nie zuvor.
Die Taz vom 29.10.2016 berichtet: "... die Gewosie [hatte] zuletzt 2011 Schlagzeilen gemacht, als sie ganze Straßenzüge verkaufte, in denen langjährige Mitglieder der Genossenschaft lebten. Als Käufer war zunächst eine Firma mit Briefkasten in der Steueroase Norderfriedrichskoog aufgetreten. Inzwischen sind die Genossenschaftswohnungen im Portfolio des US-Versicherungsfonds Conwert gelandet. Neuerdings haben die Mieter eine Telefonnummer in Delmenhorst als Ansprechpartner ..."
Der Immobilienkonzern Grand City Property hatte im Mai 2014 bereits die restlichen 150 Wohnungen der Grohner Düne gekauft. Das börsennotierte Unternehmen, das bundesweit 30.000 Wohneinheiten hält, ist damit alleiniger Eigentümer der Hochhaussiedlung in Vegesack, die als Bremens größter sozialer Brennpunkt gilt. Dort leben rund 1.500 Menschen. Auch die Mieter/innen der Neuwieder Str. 1 wissen ein Klagelied zu singen über diesen Wohnungskonzern. Lesenwert: die Erkenntnisse eines langjährigen Insiders - Joachim Barloschky. Gegen die Soziale Spaltung der Stadt. http://www.sozialraum.de/schlussfolgerungen-aus-20-jahren-quartiersmanagement.php
„Es war ein Riesenfehler der Stadt, sich aus der Bremischen [ehemals in
städtischem Besitz] zurückzuziehen“, sagt Sozialarbeiter [im WK vom 16.8.15] Jonas Pot d’Or, „damit hat sie ihren Einfluss
auf diese Art von Wohnung verloren.“...„Es muss die Möglichkeit geben, Menschen kurzfristig in Wohnungen unterzubringen statt in teure Notunterkünfte“, sagt Pot d’Or. Zum einen habe sich die
Situation auf dem Wohnungsmarkt dramatisch verändert: Alte Menschen mit niedriger Rente, Studenten, Flüchtlinge und alle anderen Menschen mit wenig Geld konkurrierten um die doch immer noch
wenigen bezahlbaren Wohnungen. Obdachlose stünden ganz am Ende der Schlange.
„Den Mut, jetzt endlich den sozialen Wohnungsbau viel stärker zu
fördern. Das ist jahrelang liegen geblieben, wir brauchen dringend mehr günstigen Wohnraum. Für Flüchtlinge, Rentner, Wohnungslose, Studenten und andere Gruppen. Der Bedarf an kleinen
günstigen Wohnungen ist riesig“. WK vom 3.8.15