Vorbemerkung: Wegen der Corona-Maßnahmen ("Kontaktbeschränkungen" , "Infektionsgefahr" beim Unterschriftensammeln, Auflagen bei Öffentlichen Auftritten usw.) musste die jahrelang vorbereitete Kampagne für einen Bürgerantrag "Mietendeckel-Bodendeckel" in Bremen just zu dem Zeitpunkt abgesagt werden, als sie gerade beginnen sollte, Ende März 2020. Im Bürgerantrag sollte Folgendes zur Abstimmung gestellt werden:
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner beantragen, die Bremische Bürgerschaft möge beschließen:
1. Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, umgehend in Bremen einen Mietendeckel einzuführen, Mietpreisstopp in Bremen für fünf Jahre.
2. Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, ausreichenden und sofortigen Zugang zu bezahlbaren Wohnungen für "Wohnungsnotfälle" zu schaffen und bereitzustellen.
3. Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, die Veräußerung von kommunalem Grundbesitz zu beenden und stattdessen kommunale Grundstücke durch Erbbaurecht mit deutlich gesenkten Zinsen und langfristigen Nutzungsvorgaben zu vergeben. Für bereits laufende Planungen zum Verkauf kommunalen Bodens soll ein Aufschub („Moratorium“) beschlossen werden, um zu prüfen, wie diese noch gestoppt werden können.
4. Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, für alle Neubauprojekte umgehend die Sozialquote auf mindestens 30% und die Sozialbindung auf mindestens 40 Jahre zu erhöhen und kommunale, bzw. genossenschaftliche Projekte dabei zu stärken.
Breit getragene Initiative will Mietenstopp per Bürgerantrag erreichen
Bezahlbarer Wohnraum wird immer mehr zu einer entscheidenden sozialen Frage. In der Stadt Bremen ist der Wohnungsmarkt seit Jahren angespannt und die Mieten steigen. Ein breites
zivilgesellschaftliches Bündnis von Wohlfahrtverbänden, Mietervereinen, Gewerkschaft und verschiedenen Initiativen will das ändern. Ein Mietendeckel soll die Mieten für die nächsten fünf Jahre
einfrieren, mehr Sozialwohnungen sollen entstehen und es sollen keine Grundstücke im Eigentum der Stadt mehr an Investoren verkauft werden.
In der Corona-Krise hat sich die Situation weiter verschärft. Aktuell streitet die Bundesregierung darüber, ob sie den Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter bei Corona bedingten
Zahlungsschwierigkeiten bis Ende September verlängern soll. Von Mietervereinen und Beratungsstellen wird andernfalls mit vermehrten Kündigungen und auch Zwangsräumungen gerechnet.
Miete frisst immer mehr vom Einkommen
In städtischen Ballungszentren sind die Wohnungen knapp und die Nachfrage ist hoch. Steigende Mieten sind die Folge. Bremen macht da keine Ausnahme. Dass die Quadratmeterpreise im Vergleich zu
Metropolen wie Berlin, München, Hamburg oder Düsseldorf moderat erscheinen, täuscht über den sozialen Sprengstoff hinweg. „Entscheidend ist, wieviel jeden Monat allein in die Miete gesteckt
werden muss“, erläutert Regine Geraedts vom PARITÄTISCHEN Bremen. „Im Jahr 2018 mussten 45 Prozent der Bremerinnen und Bremen mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Miete aufwenden.
Das ist zu viel.“ Denn die Mietbelastungsquote von 30 Prozent ist Expert*innen zufolge eine kritische Schwelle: Wer mehr ausgeben muss, dem bleibt zum Leben nur noch wenig übrig.
Besonders bei Menschen mit geringen Einkommen wird das Geld dann sehr knapp. Die Corona-Krise hat die Situation weiter verschärft. Denn durch Geschäftsschließungen, Kurzarbeit undArbeitslosigkeit
haben viele Menschen plötzlich weniger Einkommen, die Miete ist aber gleich geblieben. „Viele wohnen sich gerade regelrecht arm. Ein Mietendeckel kann helfen, die Situation wieder ins Lot zu
bringen“, zeigt sich Geraedts überzeugt.
Ein Deckel gegen hohe Mieten
In der Stadt Bremen gilt zwar seit Ende 2015 die Mietpreisbremse. Sie greift aber nur bei Neuvermietungen. Dann verbietet sie Preissteigerung von mehr als zehn Prozent über dem ortsüblichen
Niveau. Für Kornelia Ahlring vom DMB Mieterverein Bremen e.V. ist die Mietpreisbremse ein zahnloser Tiger. Den Preisanstieg am Wohnungsmarkt hat sie nicht verhindern können. In Bremen sind bis
2019 trotz Bremse die Preise bei Neuvermietungen um 19 Prozent gestiegen. Vor Mieterhöhungen im Bestand schützt sie gar nicht. “Wir brauchen ergänzend zu der schwachen Mietpreisbremse des Bundes
ein Gesetz, das die Mieten in Bremen deckelt und wenn nötig auch senkt“, sagt Ahlring. Ein mögliches Vorbild ist der Mietendeckel in Berlin, der dieses Jahrim Februar in Kraft getreten ist und
für fünf Jahre gilt. Er friert die Mieten in der Hauptstadt ein,
überhöhte Mietpreise können sogar gekappt werden.
Damit in Zukunft neuer Wohnraum günstig erstellt werden kann, will die Initiative auch erreichen, dass öffentlicher Grund nicht mehr verkauft, sondern durch Erbbaurecht mit niedrigem Zins
vergeben wird. „Erbpacht verbilligt nicht nur die Baukosten, sondern erhält auch die städtebaulichen Gestaltungsmöglichkeiten einer Stadtgesellschaft. Das sind wir den nachfolgenden Generationen
schuldig“, so Kornelia Ahlring.
Es fehlen Sozialwohnungen
Im Land Bremen wurden im Jahr 2019 deutlich mehr Sozialwohnungen gebaut als noch im Jahr zuvor. Das ist ein Lichtblick. Und doch reichen sie nicht aus. Denn jedes Jahr fallen mehr Wohnungen aus
der Sozialbindung heraus als neue erstellt werden können. Deshalb muss auch in den Bestand investiert und die Dauer der Sozialbindung erhöht werden. „Wir brauchen eine Sozialbindung von
mindestens 40 Jahren und wir wollen, dass kommunale und genossenschaftliche Projekte gestärkt werden“, fordert Rodolfo Bohnenberger vom Bremer Bündnis Soziale Arbeit und aktiv im Bremer
MieterInnen-Ratschlag. Ihn treiben auch Sorgen um die Wohnungsnotfälle um, für die schon jetzt nur schwer bezahlbarer Wohnraum zu beschaffen ist. Er befürchte, dass in der jetzigen Krise immer
mehr Mieter in Zahlungsschwierigkeiten geraten und ihre Wohnung verlieren könnten. Denn der Kündigungsschutz bei Mietrückständen im Sozialpakt der Bundesregierung gilt nur noch bis Ende Juni.
Über eine Verlängerung um weiter drei Monate gibt es aktuell Streit in der Bundesregierung. „Je länger die Menschen von Kurzarbeit oder Einkommensausfall betroffen sind, umso mehr gerät das Konto
in die Miesen. Hohe Mietbelastungen werden dann schnell zum existenziellen Risiko, die
Wohnung verlieren. Der Bund muss jetzt handeln und Bremen muss dringend mehr Wohnungen für Notfälle bereitgestellt werden“, unterstreicht Bohnenberger.
Gesamtpaket ist nötig
Gegen den Berliner Mietendeckel ist inzwischen Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Gesetzgebungskompetenz für die Mietpolitik läge beim Bund, nicht bei den Ländern, so das
Hauptargument der Kläger. Es liegen zahlreiche Rechtsgutachten mit sehr unterschiedlichen Auffassungen vor. Regine Geraedts hofft auf eine zügige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, damit
bald Klarheit herrscht und die Handlungsoptionen der Länder deutlich werden. „Der Bund hat bei der Regulierung der Mieten versagt. Es ist deshalb richtig, wenn die Länder selbst tätig werden“, so
Geraedts. Der Handlungsdruck in Städten wie Bremen sei groß. „Die Wohnbedingungen sind ein Spiegel bestehender Ungleichheit und die steigende Mietkostenbelastung beschleunigt das Wachsen eben
dieser Ungleichheit enorm. Das bringt unser Bürgerantrag auf den Punkt, und da muss die Wohnungspolitik ran.“
Kontakt:
Regine Geraedts
Bremer Bündnis Soziale Arbeit (Initiator)
Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen (Initiator)
Bremer MieterInnen Ratschlag (Initiator)
ver.di Jugend Bremen-Nordniedersachsen
Solidarische Hilfe e.V. (Erwerbslosen- und Sozialberatung, Schuldnerberatung in Bremen)
Mieter helfen Mieter Bremen e.V.
TERRE DES FEMMES e.V. Städtegruppe Bremen
Nachdenkseiten Gesprächskreis Bremen
AWO Kreisverband Hansestadt Bremen e.V.
KARL solidarisch bauen und wohnen e.G. i.G.
Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA)
Wohnungshilfe Bremen e.V.
Deutscher Paritätischer
Wohlfahrtsverband, Landesverband Bremen e. V.
Benötigt werden 5.000 [update: wurde inzwischen abgesenkt] gültige Unterschriften von BürgerInnen ab dem 16. Lebensjahr mit 1. Wohnsitz in Bremen und Bremerhaven. Geplant ist bis Sommer (notfalls Herbst) 2020 die Sammlung erfolgreich abgeschlossen zu haben und den Bürgerantrag dann einzureichen. Drei sog. "Vertrauenspersonen" sind dafür benannt. Der Bürgerantrag bezieht sich in seinen Anliegen bewusst auf Formulierungen und Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag der Landesregierung aus SPD, Grüne, LINKE . Die Bürgerschaft muss sich damit befassen und eine Entscheidung dazu herbeiführen; es kann vorübergehend auch an die Deputation verwiesen werden. - Sollte das Anliegen abgewiesen werden, besteht die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren mit dem Ziel eines Volksentscheides zu starten, wofür allerdings die Hürden dann deutlich höher liegen.
Im Bremer BÜRGERANTRAG: MIETENDECKEL – BODENDECKEL wird die Bürgerschaft aufgefordert, zu vier zentralen Anliegen Mieter freundliche Beschlüsse zu fassen. 5.000 unterschreibende Bremer Bürger
und
Bürgerinnen bewirken damit, dass die Abgeordneten darüber in der Bürgerschaft diskutieren und
abstimmen müssen.
Du möchtest das unterstützen?
Auf der ersten Schulung für UnterschriftensammlerInnen am 4. März haben wir angefangen, eine beliebig erweiterbare Liste (siehe Foto) mit den möglichen Sammel-Orten zu erstellen. Unter MATERIAL findest Du, finden Sie ausführlichere Tipps, hier ein paar kleine Auszüge und Infos daraus.
Wer darf unterschreiben?
Es sind nur Unterschriften von Menschen gültig, die in Bremen und Bremerhaven, ihren Hauptwohnsitz haben, 16 Jahre oder älter
sind. Alle Felder der Unterschriftenliste müssen lesbar ausgefüllt sein.
Wo sammeln? (natürlich nach der Aufhebung der Anweisung zur Vermeidung sozialer Kontakte)
Grundsätzlich darfst du Unterschriften überall im öffentlichen Raum sammeln. Auf einem Privatgelände (Restaurants, Einkaufzentren und deren Parkplätzen) brauchst du die Einwilligung des/der
Besitzer/in.
Hier weitere Tipps für Orte, an denen sich Unterschriften gut sammeln lassen: